Architektur: Raus aus der Stadt und ab aufs Land
Das Ländliche wird heute wiederentdeckt: Mit traditionellen Materialien, neu interpretiert, schaffen Architekten Häuser und Räume von ruhiger Würde und rauer Gemütlichkeit. Dauerhafte Werte für die Zukunft.
18 . September 2020 - By Maik Novotny
Manch ein Montafon-Tourist dürfte sich hier schon am Kopf gekratzt haben. Was ist das für ein Ding hier mitten in Schruns? Ein schmales, hohes Haus, rau verputzter Stein, scheinbar willkürlich verteilte Fenster. Darf man da rein? Man darf, denn es ist das neue Alpinsportzentrum der Montafon Bergbahnen. Entworfen wurde es vom Bregenzerwälder Architekten Bernardo Bader, der hier nicht im gewohnten Holz baute, sondern im für das Montafon typischen Stein.
»Ich finde es wichtig, aus dem Fundus des Landes heraus zu reflektieren: Wie haben das die Leute früher gemacht? Das muss man wissen, um eine gute Arbeit zu machen«, sagt Bader. Also ließ er das Haus von italienischen Maurern errichten, deren Vorfahren hier früher Stein auf Stein schlichteten. Im Inneren: duftendes Holz, Räume zum Wohlfühlen. »Die Büros sind eigentlich Stuben«, so Bader. »Sie strahlen eine Ruhe aus. Auch wenn die Leute gerade vom Berg kommen und den Rucksack ins Eck werfen, das Haus hält das aus.«
Das Land, die Zukunft
Genau hinschauen, was auf dem Land passiert: Das passiert gerade überall. »Countryside – The Future« nannte der niederländische Stararchitekt Rem Koolhaas seine Ausstellung, die Anfang dieses Jahres im New Yorker Guggenheim Museum eröffnete. Nachdem man sich jahrzehntelang nur um das Urbane gekümmert habe, so Koolhaas, sei jetzt die Zeit für das Land gekommen. Da hat er schon recht, der Rem! Wobei Koolhaas, der bekanntlich gut 300 Tage im Jahr in Flughäfen und Hotels verbringt, recht spät darauf gekommen ist, dass außerhalb von Städten auch so etwas existiert.
Woanders wusste man das schon. Vor allem im alpinen Raum, wo das Ländliche jenseits von Rustikal-Romantik lebt und gedeiht. Der LandLuft- Baukulturpreis, der seit Jahren an baukulturell innovative österreichische Gemeinden vergeben wird, zeugt davon, wie man dem Land Wert und Würde zurückgibt. Ein Beispiel: der Alte Markt in Lauterach, heute eine graue Verkehrsschneise. Die Architekten Elmar Ludescher und Philip Lutz wissen, wie wichtig ein Gasthof für eine Landgemeinde ist. Erst recht, wenn sich seit dem 19. Jahrhundert immer ein solcher an dieser Stelle befunden hat. Also entwarfen sie einen neuen, maßgefertigt für den Ort: Fensterläden aus Eiche unten, Holzlamellen oben. Zwei Gaststuben, 14 Gästezimmer. Eine ländliche Dimension. Neu fügt sich in Alt.