© Arch Exist Photography

Architektur und Häuser für Tiere: Ein Designrundgang im Zoo

Architekt:innen planen nicht nur für Menschen, sondern auch für Tiere. Die in den letzten Jahren errichteten Häuser für Vögel, Affen, Bären, Schmetterlinge und sogar Elefanten sind spektakulär und werden immer häufiger auch mit renommierten Preisen gewürdigt.

15 . August 2023 - By Wojciech Czaja

Header Bild: Panda Pavilions, China Am Rande der chinesischen Provinzhauptstadt Chengdu schufen EID Architecture eine neue Panda-Welt mitsamt Besucher-zentrum und Forschungseinrichtung. Erwartet werden mehrere Millionen Besucher:innen pro Jahr. eid-arch.com

Er ziert das Logo des WWF, zählt zu den wahrscheinlich beliebtesten Tieren der Welt und verbringt täglich rund 16 Stunden damit, bis zu 40 Kilogramm Bambus in sich hineinzufuttern – der Pandabär. In der chinesischen Großstadt Chengdu wurde dem schwarzweiß gefleckten Sympathieträger kürzlich ein neues, und zwar überaus schickes Habitat gegönnt. Die sogenannten Panda Pavilions im Chengdu National Giant Panda Research and Breeding Center beherbergen Freiluftgehege, Besucherzentrum sowie ein Forschungsinstitut, das sich mit
Verhaltensforschung, Schutzmaßnahmen und Auswilderungsprogrammen beschäftigt. »Bei der Gestaltung der Panda Pavilions geht es vordergründig um die Integration von Mensch, Tier, Architektur, Landschaft und Landart«, sagt Ping Jiang, Gründungspartner und Design-Principal im Shanghaier Büro EID Architecture. »Um die Entfremdung von natürlichen Lebensräumen zu minimieren, wollten wir den Pandabären eine tierfreundliche Umgebung mit artgerechten, hochwertigen Materialien bieten. Die Besucher:innen hingegen entführen wir währenddessen auf einen fußgängerfreundlichen Spaziergang durch den Bambuswald, vorbei an einigen atemberaubenden Bauwerken.« Besonders auffällig sind die gegliederten Fassaden aus Aluminiumlamellen und hochdruckimprägnierten Zedernholzplatten. In Anlehnung an die natürliche Landschaft in der chinesischen Provinz Sichuan verschmelzen Architektur und Natur zu einer skulpturalen Großform. Die vier ringförmigen Pavillons schmiegen sich an die Waldhänge des Nationalparks und umschließen terrassen-förmig angelegte Außen- und Spielbereiche für die Pandas. Für die kalte Jahreszeit und besonders kalte Nächte in der Übergangszeit, haben die Tiere die Möglichkeit, sich wie in der freien Wildbahn in witterungsgeschützte, wohltemperierte Höhlen zurückzuziehen. Das vor wenigen Monaten fertiggestellte Projekt wurde bereits mit einigen Future- und Design-Awards ausgezeichnet. 

TrainingsCamp für EleFanten

Die Panda Pavillions in Chengdu sind bei Weitem kein Einzelfall. Längst schon planen Architekt:innen nicht nur Lebensräume für Menschen, sondern auch Häuser für Tiere – für Vögel, Bienen, Schmetterlinge, Affen, Lemuren und sogar Elefanten. Und nicht nur das! Immer häufiger werden die exotischen, mitunter spektakulären Bauaufgaben von weltberühmten Künstler:innen, Designer:innen und Architekt:innen wie etwa André Heller, Norman Foster, Bjarke Ingels, Frederik Roijé und Boonserm Premthada entworfen. 

 

Die eigenen vier Wände Im Volk der Kui gelten Elefanten als Haustiere. Damit das neu errichtete Elefantenhaus von den tonnenschweren Artgenoss:innen nicht niedergerannt wird, wurden die massiven Wände aus einer halben Million Ziegel aufgemauert. 

© Drew Echberg

Wo der Panda wohnt Die Panda Pavillions bestehen aus Hügellandschaften mit Bambushainen, aber auch aus schicker Holzbauarchitektur. Zoologische Einrichtungen sind für immer mehr Architekt:innen eine spannende Bauaufgabe. 

© Kuratnik Nikolai

Vogelhaus De Stijl Man muss nicht unbedingt in die Welt verreisen, um passable Tierarchitektur zu besuchen. Für die Vögel im eigenen Garten kann man online einen sehr stilsicheren Nistkasten und Futter-spender beziehen. 69 Euro. arsmundi.de

© beigestellt

Snowdon Aviary, London Zoo Die 1965 errichtete, denkmalgeschützte Voliere platzt aus allen Nähten und ist dringend sanierungsbedürftig. In den kommenden Jahren wird der britische Architekt und Pritzker-Preisträger Norman Foster das Vogelhaus sanieren und ausbauen. fosterandpartners.com, londonzoo.org

© beigestellt

So wie zum Beispiel die mehrfach preisgekrönte Elephant World in Surin im Osten Thailands. Schon seit mehr als 400 Jahren betreibt das Volk der Kui hier ein Elefantendorf, das älteste seiner Art im ganzen Land. Das Projekt wurde von der Landesregierung finanziert und umfasst neben einem Auslaufpark und Trainingscamp für die Dickhäuter auch Museum, Bibliothek, Besuchercafé, Geschenkeshop und Ausbildungszentrum samt Seminarräumen, in dem künftige Fachkräfte im Umgang mit den Tieren geschult werden. Insgesamt leben in der Elephant World an die 200 Elefanten. Zwischen den fetten, robusten Ziegelmauern finden sie über den ganzen Tag verteilt kühle Schattenplätze. »Bei den Kui gelten Elefanten weniger als wilde Tiere denn vielmehr als wichtige Haustiere, mit denen man Tür an Tür zusammenlebt«, sagt Architekt Boonserm Premthada, CEO von Bangkok Project Studio. »Dieses Erbe an Tradition, Kultur und Weisheit wird seit Generationen weitergegeben. Mit diesem Projekt wollen wir den Kui und ihren domestizierten Elefanten einerseits ihre Heimat zurückgeben und andererseits eine Möglichkeit bieten, wie sie neue Jobs in der Tierpflege und im Tourismus erlernen und auf diese Weise ihren Lebensunterhalt verdienen können.« Boonserm Premthada ist bekannt für seine großmaßstäblichen Skulpturen und Gebäudestrukturen, zu seinem liebsten Material zählt gebrannter Ton. Und davon nicht wenig! Über 480.000 Tonziegel wurden direkt vor Ort in alter Tradition von Hand hergestellt. In der strukturschwachen Region, in der es nicht viele Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, hat der Bauprozess Arbeitsplätze und Einkommen für die Einheimischen geschaffen. Heute lockt die Elephant World Besucher:innen aus dem ganzen Land. Das Projekt wurde unter anderem mit dem Best Sanctuary Design Award 2021 ausgezeichnet. Tatsächlich ist die Entdeckung von Tieren als Nutzergruppe in der Architektur kein neues Phänomen. Schon 1965 hat der britische Architekt Cedric Price, der an der renommierten Architectural Association (AA) in London unterrichtete und unter anderem mit Lord Snowdon, Frank Newby und Buckminster Fuller zusammenarbeitete, den London Zoo umgestaltet und eine berühmte Voliere für Vögel geplant, die seit 1998 unter Denkmalschutz steht. Niemand geringerer als Norman Foster hat sich nun der Aufgabe angenommen, das avantgardistische Vogelhaus zu sanieren und auszubauen. 

Haus für Lemuren, Melbourne Das australische Architekturbüro OLA Studio ist eigentlich auf Wohnbau und schöne Menschenvillen im gehobenen Segment spezialisiert. Gelegentlich aber wird auch für Tiere geplant – wie hier etwa geflochtene Rattankörbe für Lemuren. olastudio.com.au, zoo.org.au

© ZSL

Butterfly Pavilion, VAE Das Schmetterlingshaus auf Al Noor Island im Wüstenemirat Sharjah geht auf eine Initiative von André Heller zurück. Geplant wurde das 250 Quadratmeter große Schmetterlingshaus mit seinen 4000 Aluminiumblumen auf der Fassade vom deutschen Büro 3deluxe. andreheller.com, 3deluxe.de

© www.dubai-foto.com

Elephant World, Thailand Was aussieht wie ein Labyrinth, ist in Wirklichkeit ein 140 mal 140 Meter großes Trainings-Camp mit Auslaufplätzen und Waschstraßen. Zwischen den dicken Ziegelmauern finden die Dickhäuter ausreichend Schattenplätze. bangkokprojectstudio.co

© Spaceshift Studio

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