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Das Waldviertel war in gewisser Weise ein Geheimtipp bei den Zweitwohn­sitzen. Seit März 2020 wird die Region aber stark nachgefragt. Zu Recht.

10 . November 2022 - By Walter Senk

Ein Sommer wie damals« – kein Satz bringt wohl das Lebensgefühl im Waldviertel besser auf den Punkt. Das wussten in den 60er-/70er-Jahren schon einige Wiener:innen zu schätzen und suchten sich in der bäuerlichen Umgebung einen Zweitwohnsitz. Die – mittlerweile  –alteingesessenen »Zuagroasten« haben damals Immobilien gekauft, für die sich keine Einheimischen interessierten. Alte Bauernhäuser, Fabriken, Mühlen, Villen aus der Jahrhundertwende, Handwerkshäuser, alte Ställe, was auch immer. Bei vielen dieser Immobilien benötigte man aufgrund ihres desolaten Zustands schon eine große Vision, was aus ihnen einmal werden könnte.

Für Naturliebhaber:innen Ein »Klassiker«, würde man sagen – und noch dazu wunderschön renoviert. Der Bauernhof bei Rappottenstein bietet Waldviertel pur.

Eine neue Zeit

»Der Wohnsitz im Waldviertel ist wieder modern«, so Christian Fröschl, Regionalleiter s REAL Waldviertel. »Der Mensch liebt die ländliche Gemütlichkeit, wo man eben die Ruhe im Vergleich zur städtischen Hektik genießen kann.« Außerdem hat sich seit der Pandemie der Alltag neu strukturiert – »Homeoffice ist hoch geschätzt, und wenn man nur zwei- bis dreimal ins Büro muss ist selbst ein Hauptwohnsitz im Waldviertel eine sinnvolle Alternative«, so Fröschl. Die Nachfrage im nördlichen Niederösterreich hat sich intensiviert, was mit dem grundsätzlichen Bedürfnis nach (Bewegungs-)Freiheit und Natur zu tun hat. Das Waldviertel kann dies alles bieten, wobei sich eines zu früher verändert hat. Josef Wallenberger, Experte für Standort- und Regionalentwicklung und Geschäftsführer der Wallenberger & Linhard Regionalberatung in Horn: »Die Provinz wird nicht mehr als provinziell wahrgenommen.«

Entspannung Das Naturstamm-Blockhaus ist das ideale Hideaway im Kamptal mit großzügigem Wohnzimmer, offenem Küchenbereich und zwei Terrassen. raiffeisen-immobilien.at

»Obwohl es doch einen starken Anstieg der Preise in den letzten Jahren erlebt hat, ist das Waldviertel noch günstig im Verhältnis zum Großteil Österreichs.« – Christian Fröschl, Regionalleiter s REAL Waldviertel

Steigende Nachfrage – steigende Preise

»Die Nachfrage nach Grundstücken und Wohnimmobilien ist ungebrochen gut«, erklärt Peter Weinberger, Geschäftsführer Raiffeisen Immobilien NÖ, Wien & Burgenland und Sprecher Raiffeisen Immobilien Österreich. Das spürt man auch bei den durchschnittlichen Quadratmeterpreisen. Bei den Einfami-lienhäusern legten diese von 2020 auf 2021 um 34 Prozent zu, von 1.914 auf 2.577 Euro. Eigentumswohnungen verteuerten sich im gleichen Zeitraum um 28 Prozent auf 2.335 Euro pro Quadratmeter. Peter -Weinberger vergleicht: »Im Niederösterreich-Durchschnitt betrugen die Preissteigerungen bei Einfamilienhäusern nur zehn Prozent, bei Eigentumswohnungen sieben.« Der Anstieg hat sich – nach der Welle der letzten 24 Monate –zuletzt wieder beruhigt und liegt laut ImmoScout bei sechs Prozent vom ersten Halbjahr 2021 auf das erste Halbjahr 2022.

Jahrhundertwende Das ehrwürdige Hotel »Blauensteiner« in Gars am Kamp war bei den Kurgästen sehr beliebt. Jetzt steht das Unikat zum Verkauf. sreal.at

Erschwingliche Immobilien

Auch wenn die Preise in den vergangenen zwei Jahren auffällig nach oben gingen, so bleiben Liegenschaften weiterhin erschwinglich, was ein großer Pluspunkt für die Region ist. Christian Fröschl: »Obwohl wir einen starken Anstieg der Preise in den letzten Jahren erlebt haben, ist das Waldviertel noch günstig im Verhältnis zum Großteil Österreichs.« Das liegt auch daran, dass von einem extrem niedrigen Niveau ausgegangen wurde. Michael Mack, Geschäftsführer von IMMOcontract, vergleicht mit den Wiener Preisen: »Hier liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis für ein Einfamilienhaus aktuell bei rund 6.027 Euro.« Ähnliche Unterschiede zeigen sich bei den Grundstücken: »In Mödling können Grundstücke Preise von bis zu 550 Euro pro Quadratmeter erzielen, während es in Gmünd nur 45 Euro sind«, so Michael Mack. Eines sollte man aber bei den Durchschnittspreisen beachten, meint der Geschäftsführer von IMMOcontract: »Es kommt regional zu großen Unterschieden. Der Preis für ein Einfamilienhaus im Bezirk Horn ist immerhin um 80 Prozent teurer als ein Haus im Bezirk Gmünd.«

Bauernhöfe Im Waldviertel findet man nicht nur seine Ruhe und Natur, sondern auch noch die außergewöhnlichsten Immobilien in allen Größen.

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Eine große Community

Der Glaube, dass man im Waldviertel allein irgendwo im Nirgendwo sitzt, stimmt nicht und hat auch nie gestimmt. Von Gars bis Gmünd finden sich die »Zuagroasten« zusammen. Man kennt sich – oft schon über Jahrzehnte –, man trifft sich, man tauscht sich aus. Oftmals entstehen aus den Treffen im -Waldviertel auch neue Freundschaften in Wien. Die Region verbindet. Aber nicht nur die Zugereisten untereinander – auch mit der heimischen Bevölkerung wird oftmals ein sehr enger Kontakt gepflegt. Eine Win-Win-Situation für beide Seiten, vor allem, weil viele Häuser, die dem Verfall preisgegeben wären, von den Menschen aus der Stadt gekauft und renoviert werden. Das belebt das Landschaftsbild. Peter Weinberger sieht in den Ortschaften großes Potenzial: »Viele Ortskerne liegen brach. Hier gibt es Flächen die – entsprechend gewidmet und adaptiert – auch für Wohn-zwecke genützt werden könnten.« Das würde die Gemeinden beleben, brächte Arbeitsplätze und Steuereinnahmen. Gleichzeitig könnte aus Leerständen leistbarer Wohnraum geschaffen werden. Zu vergleichsweise günstigen Preisen und ganz ohne weitere Bodenversiegelung. Peter Weinberger, selbst gebürtiger Waldviertler, ist überzeugt: »Das Waldviertel wird auch zukünftig im Trend bleiben.« Egal ob als Haupt- oder als Zweitwohnsitz. Denn wer möchte nicht wieder »einen Sommer wie damals« erleben?

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