Design-Interview: Ein Depot voller Glanzstücke
Die Wirtschaftsforscherin und Innovationsberaterin Eva Fritsch beschützt den Schatz vieler Menschen. Am Stadtrand von Wien hat sie vor drei Jahren »Meine Schatzkammer« gegründet und verwahrt dort neben seltenen Pokémon-Karten besondere Preziosen ihrer rund 2.000 Kunden. LIVING hat sie besucht.
30 . März 2021 - By Wojciech Czaja
LiVING Haben Sie eine Lieblingsfarbe?
Eva Fritsch: Schwarz und Beerentöne.
Gold ist nicht darunter?
Gold ist für mich keine Farbe. Gold ist ein Schatz.
Columbus sagte: »Gold ist eine Kostbarkeit. Jedem, der es besitzt, erfüllt es alle Wünsche dieser Welt und verhilft den Seelen ins Pa-radies.« Ist das so?
Ich weiß nicht, ob uns Gold ins Paradies verhilft. Wir halten es eher mit dem US-amerikanischen Philosophen Ralph Waldo Emerson, der sagte: »Das Verlangen nach Gold ist nicht jenes nach Gold. Es ist zum Zwecke von Freiheit und Wohlfahrt.« Gold ist für mich ein schöner Sachwert mit vielen langfristigen ökonomischen Vorteilen. Es ist ein Zahlungsmittel, das auf der Welt schon seit Jahrtausenden im Einsatz ist, und es verliert niemals an Wert. Die meisten Finanzexperten sind der Meinung, dass Gold in keinem Portfolio fehlen sollte.
2017 haben Sie Ihr Unternehmen »Meine Schatzkammer« gegründet. Wie kam es dazu?
Ich war vor ein paar Jahren mit der Situation konfrontiert, dass man kaum noch ein Geldinstitut vorfindet, in dem man sein Vermögen beziehungsweise seine Dokumente mit einer entsprechenden Versicherung verwahren kann. Erstens wurden in den letzten Jahren viele Bankfilialen aufgrund der zunehmenden Digitalisierung aufgelöst, zweitens sind die wenigen verbleibenden Tresore und Schließfächer entweder sehr teuer in der Anmietung oder so niedrig gegen Diebstahl und andere Katastrophen versichert, dass eine Verwahrung kaum interessant erscheint. Also haben wir beschlossen, unsere eigene Schatzkammer zu gründen. Nach intensiven Umbauarbeiten haben wir sie Mitte 2018 eröffnet.
Die Schatzkammer liegt in Dornbach am Wiener Stadtrand, nur wenige Schritte vom Wienerwald entfernt. Warum gerade hier?
Intuitiv würde man uns in der Wiener Innenstadt vermuten, nicht wahr? Aber tatsächlich haben wir von vielen Kunden die Rückmeldung bekommen, dass sie es sehr schätzen, hier abseits vom Trubel zu sein, einen Parkplatz vorfinden zu können und mit den ei-genen Dokumenten, Schmuckstücken und Goldbarren nicht quer durch die halbe Innenstadt marschieren zu müssen. Wir liegen diskret am Rande.
Welche technischen Gegebenheiten bietet das Gebäude?
Wir haben nach einem Gebäude gesucht, das früher als Bank genutzt wurde, denn nur so können wir sicherstellen, dass die baulichen Gegebenheiten unseren sicherheitstechnischen Bedürfnissen entsprechen. Es gibt einen vielfach gesicherten Tresorraum, der nicht nur massiv gebaut ist, wir haben auch alle nötigen Maßnahmen zur digitalen und analogen Überwachung, von der Kamera bis zum 24-Stunden-Wachdienst, und zum Öffnen der Schließfächer braucht es stets zwei Schlüssel sowie eine digitale Identifizierung. Wir haben noch viele andere Sicherheitsvorkehrungen, aber die bleiben unser Geheimnis.
Wer zählt denn zu Ihren Kunden?
Wir haben über 2.000 Schließfächer und einige Tresore. Grundsätzlich wissen wir nicht, was in den Schließfächern liegt – und wollen es auch gar nicht wissen. Manche Kunden erzählen es uns trotzdem. Die Bandbreite reicht von der älteren Dame, die der Bank nicht so ganz traut, bis hin zu jungen Leuten, die in einer WG wohnen. Manche verwahren hier ihr Geld und ihre Goldmünzen und Goldbarren, andere ihre Dokumente, Wertpapiere und Briefmarkensammlungen, wiederum andere ihren wertvollen Schmuck, den sie manchmal am Freitag abholen, um ihn am Wochenende zu einem festlichen Bankett zu tragen, und am Dienstag bringen sie ihn wieder zu uns in die Schatzkammer zurück. Immer öfter treffen wir auf junge Menschen, die in Kryptowährungen investieren und die bei uns ihre externen Datenspeicher aufbewahren.