Die Stadt als Kooperationsprojekt
Abseits der großen, bekannten Wiener Stadtentwicklungsgebiete entstehen Hunderte neue Wohnungen. Die gemeinsame Klammer all dieser Projekte: Es geht um Zusammenarbeit und Dialog zwischen Wohnungswirtschaft, Gewerbe und sozialen Einrichtungen.
28 . März 2022 - By Wojciech Czaja
Mitte der Sechzigerjahre beginnt man, Sand, Kies und Schotter auszuheben. Als man nach wenigen Jahren in zehn Metern Tiefe auf Grundwasser stößt, füllt sich die Grube bald mit Wasser. Dies ist die Geburtsstunde des Badeteichs Hirschstetten. Heute, ein halbes Jahrhundert später, soll die letzte noch verbleibende Flächenreserve am Ostufer des Teichs mit rund 3.000 geförderten und freifinanzierten Wohnungen verbaut werden. Nachdem die Bauträger zwei Jahre lang auf das positive Ergebnis der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) warten mussten, werden in wenigen Monaten die ersten Bagger anrollen.
»Im Süden des Areals gibt es großvolumige Gemeindebauten, doch der Großteils des Teichs ist von kleinen Strukturen und Einfamilienhäusern geprägt«, sagt Nerma Linsberger. »Darauf müssen wir mit unserem Wohnhaus Rücksicht nehmen.« Für den Bauträger Wigeba plant die Wiener Architektin, deren Wohnbauten bereits mit dem German Design Award und dem Best Architects Award ausgezeichnet wurden, einen Gemeindebau neu mit insgesamt 228 Wohneinheiten. Die Kleinteiligkeit der Loggien und Balkone, die die drei Wohnwürfel unter dem Namen »Cuuube« mit einer Betonfertigteilmatrix umziehen, ist ein bewusstes Reagieren auf die vielen kleinen Häuschen in der Umgebung.
Dabei sein ist alles
Abseits der großen, allseits bekannten Stadterweiterungsgebiete Sonnwendviertel, Nordbahnhof und Seestadt Aspern tut sich eine Menge. Im Fokus der Bauträger stehen Areale und Flächenreserven wie etwa Hirschstetten, Siemensäcker, Theodor-Körner-Kaserne, Breitenfurter Straße, Village im Dritten und Lebenscampus Wolfganggasse in Wien-Meidling. Was dabei sofort auffällt: Urbane Entwicklung in diesen Maßstäben ist ohne entsprechende Bürger:innenbeteiligung heute kaum noch machbar. Und so werden viele Projektentwicklungen von der allerersten Stunde an mit Partizipationsprozessen und offenen Stammtischen abgewickelt. In der Berresgasse, in der insgesamt sechs Bauträger tätig sind, wurde sogar eine eigene bauplatzübergreifende GrätzlGenossenschaft gegründet.