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Hoteltipp: Fünf Sterne in Montenegro

Spektakuläre Nachnutzung eines denkmalgeschützten Forts im Mittelmeer: So viel Geschmack, Gefühl und Ästhetik hat ein Hotel selten gesehen. Im »Mamula Island«-Luxusresort sind für 32 Zimmer 205 Menschen angestellt.

09 . Juni 2023 - By Heimo Rollett

Vom Gefängnis zum Luxusresort: Gerade einmal 200 Meter Durchmesser hat die kreisrunde Insel im montenegrinischen Mittelmeer. Auf ihr hatte der österreichische General Lazarus von Mamula 1852 ein Fort errichtet, Piraten und Angreifer sollten von der Einfahrt in die Bucht von Kotor abgehalten werden. Später die dunkelste Zeit, als das Gebäude im Faschismus des Benito Mussolini als Gefängnis und Lager genutzt wurde. Danach verfiel es. Ein Lost Place mitten im Meer. Wie auch immer man auf die Idee kommt, dieses unter Denkmal gestellte Bollwerk zu kaufen oder, besser gesagt, für 49 Jahre zu pachten und den Umbau in ein Luxushotel der feinsten Art mit 20 Millionen Euro zu finanzieren – der ägyptisch-schweizerische Milliardär Samih Sawiris tat es. Mangels Alternativen war die montenegrinische Regierung wohl auch froh, dass es wenigstens einen gab, der sich des Platzes annahm. Der komplette Verfall wäre die andere Option gewesen.

Vom Gefängnis zum Hotel

Am 1. Mai hat das Hotel »Mamula Island« nun eröffnet, im April beliefen sich die Umbaukosten schon auf 38 Millionen Euro – also fast doppelt so viel wie geplant. Ökonomisch macht das keinen Sinn. »Mamula Island« ist auch kein Projekt der Orascom – Sawiris’ Unternehmen, das ganze Städte baut und betreibt, etwa El Gouna mit mittlerweile 20.000 Einwohnern, das nicht immer so glatt laufende Andermatt und das ausgesprochen gelungene und wenige Kilometer von »Mamula Island« entfernte Lustica Bay. »Mamula Island« wird mit Sawiris Family Office abgewickelt. Und genau darum sieht es auch so aus: noch besser, mit unheimlich viel Gefühl, Geschmack und Klarheit bis ins kleinste Detail. Naturmateria­lien und Erdtöne besänftigen den Aufenthalt, alles leitet sich aus der Umgebung und von der runden Form der Insel und des Forts ab: die kleine runde Keycard aus Kork, die Möbel mit den unglaublich aufwendigen Tischlerarbeiten, die Bilder an der Wand, die Einfräsungen am steinernen Bartresen und natürlich das komplette Corporate Design. Kurz vor der Eröffnung ließ Sawiris persönlich zwei Suiten noch einmal umplanen, weil sie ihm unstimmig erschienen. Lange überlegte er, wie man einen neu eingebauten Lift so kaschieren könne, dass er genau mittig wirkt. Kein permanentes Cost Cutting, keine opportunen Rabattausreißer und deswegen auch kein Russenchic und kein internationaler Einheitsbrei. Unter solchen Bedingungen konnte der polnischen Interieur-Designer Piotr Wisniewski von ­weStudio Berlin ganze Arbeit leisten – so wie viele andere passionierte Menschen im Resort.

Leidenschaftliche Gastgeber

Bojan, der Barkeeper, kann es selbst beim Pre­opening nicht lassen, seine Extrakte aus den lokalen Düften der Pinie noch weiter zu perfektionieren. »Wir wollen extrem regional und saisonal sein«, meint der passionierte und ­zugleich herrlich entspannte Gastgeber und ­Hoteldirektor Henning Schaub. Zero Waste sei das Ziel, auch in der Küche. Drei Fischer angeln allein für das Hotel, da macht der »Catch of the Day« auf der Karte jeden Tag Freude! Rund 205 Menschen arbeiten in dem Resort. Dabei hat es bloß 32 Zimmer, für die man in der Nebensaison ab 500 Euro zahlt. Vier Bars, drei Pools, eine über den rauen Felsen thronende Sonnenterrasse und ein eigener Strand auf der anderen, geschützten, Inselseite stehen den ­Gästen zur Verfügung. Schnellboote bringen sie nach Kotor oder Tivat, wo mit Porto ­Montenegro vor vielen Jahren der Grundstein für den touristischen Erfolg dieser Gegend ­gelegt wurde. Umgekehrt soll das Resort auch Nichthotelgästen offen stehen, etwa mit dem Casual Fine Dining, dem holistischen Spa und dem Wellnessprogramm. Schaub arbeitet auch an der ernst zu nehmenden und kuratierten Bespielung mit Kunst und Kultur, und die eigens errichtete und integrierte Gedenkstätte soll aktiv bespielt werden. Die Miniinsel hat für Hotelgäste, Segler:innen, Tourist:innen vom Festland und Einheimische genug zu bieten.

Header Image: Unvergleichlich Eine neue Luxusadresse, die ihresgleichen sucht: Das
»Mamula-Island« in der Boka Bay Montenegros wurde im umgebauten Fort Anfang Mai eröffnet.

Casual Fine Dining Das oberste Ziel des Restaurants »Kamena« ist nicht ein Stern, sondern Regionalität und Saisonalität.

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Fundstück Da gehöre ein altes, versteinertes Holz her, gab der Eigentümer vor. Der 7,5 Meter lange Tisch kostete dem Vernehmen nach 45.000 Euro.

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Historische Elemente und Nachhaltigkeit

Architektonisch beachtlich ist die Leistung des Büros MCM Architecture & Design aus Lissabon, dem die Umplanung dieses Forts mit seinen meterdicken Wänden gelungen ist. Wegen des Denkmalschutzes durfte kaum etwas verändert werden und alles muss rückbaubar sein. In einer Zimmerkategorie wurden die Nasszellen inklusive Haustechnik modulartig in der Mitte des Raums untergebracht – eine erfrischende Variante zum ewig gleichen Hotelzimmer-Layout! Die Bodensteine wurden einzeln ausgebaut, nummeriert, in ihrer Höhe halbiert, damit eine Fußbodenheizung Platz findet, und danach wieder Stück für Stück zusammengefügt. Heritage-Elemente wurden in den Umbau integriert, etwa die Kanonenverankerungen im Boden, die freigelegt und mit Glas abgedeckt und so sichtbar gemacht wurden. Lediglich zwei wesentliche bauliche Eingriffe gab es. Das Panoramalevel wurde dezent auf den Spa-Tower aufgesetzt und die neuen Garden Rooms wurden mit einem sich in Optik und Materialität vom Bestand abhebenden Zubau ergänzt. Für den Betrieb essenziell: Dort, wo früher der Exerzierplatz war, wurde acht Meter in den Boden gegraben, damit das komplette Back of House, die Küche, die Logistik, die Wäscherei u. v. m. unterirdisch und unsichtbar untergebracht werden können. Über diesem Bereich befindet sich das zentrale runde Pooldeck. »Energietechnisch versuchen wir, so autark wie möglich zu sein«, erzählt Henning Schaub. Eine Entsalzungsanlage bereitet das Meerwasser auf, eine eigene Kläranlage säubert es, das Grauwasser wird für die Pflanzenbewässerung verwendet. Nur eine PV-Anlage fehlt Schaub, die dürfe aus Denkmalschutzgründen nicht angebracht werden. Dennoch soll sich der Betrieb irgendwann einmal rechnen. Die Gesamtinvestition wird das wohl nie schaffen.

Zweites Leben1852 erbaut, im zweiten Weltkrieg missbraucht, dann verfallen. Nun wurden die denkmalgeschützten Gemäuer mit viel Liebe zum Detail erneuert.

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Wellnessturm Ob Entschlackung im Dampfbad oder in der Sauna, Entspannung in der Salzgrotte, Schweben und Loslassen im Floating--Becken – hier entspannt man ungestört.

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