© Graa, Armgaard & Bangsbo Photography

Die dänische Designmarke Normann Copenhagen feiert heuer ihr 20-jähriges Firmenjubiläum. Zum Markenzeichen des Labels wurde die Lampe »Norm 69«. Warum eigentlich?

13 . November 2022 - By Manfred Gram

Manchmal brauchen gute Dinge ein bisschen Zeit, um zu reifen. Aber dann kann es sein, dass die Post so richtig abgeht. Ein gutes Beispiel für diese nicht allzu steile und daher auch leicht zu überprüfende These ist die Lampe »Norm 69« von Normann Copenhagen. 2002 brachte das frisch gegründete dänische Designlabel diese Hängeleuchte als erstes Produkt seines Portfolios auf den Markt, und was soll man groß sagen: Sie entwickelte sich zu einer Art Markenzeichen des Hauses, das auch gleich zum Long- und Bestseller avancierte. Und das, obwohl die »Norm 69«, respektive ihr Entwurf, 2002 bereits 33 Jahre auf dem Buckel hatte, als sie das Licht der Serienreife erblickte. Simon Karkov ersann 1969 diese futuristische Hängeleuchte, die aus 69 Einzelteilen besteht. Das erklärt auch den Produktnamen, und jeder, der was anderes behauptet, lügt. Der eigentliche Clou der »Norm 69« ist aber, dass stolze Neubesitzer:innen die Lampe zu Hause selbst zusammenstecken müssen. Das geht zum Glück ohne Kleber und Werkzeug über die Bühne, schließlich will man die Sache nicht verkomplizieren und, was noch wichtiger ist, niemanden verprellen. Weshalb das verwendete Material für die Lampe derart flexibel ist, dass selbst ein Super-GAT (größter anzunehmender Tollpatsch) bei der Montage nichts kaputt machen kann.

Produkt 
Norm 69 Jahr: 1969/2002 Design: Simon Karkov Hersteller: 
Normann Copenhagen Preis: ab 90 Euro

Bastle, bastle!  Die »Norm 69« besteht aus 69 Teilen, die man zu Hause selber zur Lampe zusammenstecken muss. Der Steckbaukasten, erhältlich in vier Größen, hat Fans auf der ganzen Welt. Gesehen bei connox.at und andlight.at

© Foto beigestellt

Das ist gleich doppelt gut, denn aus der Verhaltensökonomie kennt man seit einigen Jahren den sogenannten IKEA-Effekt, von dem Karkov anno 1969 freilich noch nichts wusste, der aber bei seinem Lampenschirm voll zum Tragen kommt. Der IKEA-Effekt besagt unter anderem, dass man Gegenständen mehr Wertschätzung entgegenbringt, wenn man sie selbst zusammengebaut hat. Das heißt, die »Norm 69« könnte unter Umständen das hässlichste Ding der Welt sein – kauft man es trotzdem und steckt es zusammen, bleibt einem nichts anderes übrig, als es auch zu lieben. Zum Glück ist Karkovs Lampe aber eine ästhetische Angelegenheit, die – so der Designer immer wieder in Interviews – intensiv von Blumen und Zapfen inspiriert ist. Hinter ihrer zackigen, futuristischen Anmutung verbirgt sich also ein biophiler Kern. ­Zudem verleugnet die Lampe auch nicht ihre dänische Herkunft, schirmt sie doch ganz ­traditionell die Glühbirne ab und erzeugt so ein angenehmes Licht für hyggelige Stunden. Dies und der (in der kleinsten Ausführung) unschlagbare Preis machen die »Norm 69« völlig zu Recht zu ­einer Bestseller-Ikone.

Simon Karkov (*1932) studierte Architekt an der renommierten Danish Academy of Architecture. Trotz Ausflügen ins Design blieb er Architektur zeitlebens treu. Zuletzt arbeitete für die Frederiksberger Stadtverwaltung und entwarf ein Gymnasium und ein -Krankenhaus. Seinen Ruhestand verbringt Karkov in der Türkei, arbeitet aber weiter an verschiedenen Projekten. Vor allem scheint es dem 90-Jährigen das gehobene DIY-Prinzip angetan zu haben: »Ich träume davon, neue Wege für das Entwerfen von Möbeln und größeren Objekten mit dem Selbstmontage-Konzept zu entwickeln. Der Gedanke, dass -dieses Konzept in einem größeren Maßstab funktionieren könnte, fasziniert mich.« Ein Doyen der Selbstmontage.

© Graa, Armgaard & Bangsbo Photography

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