© Cassina

2022 war das Jahr, in dem sich die Welt trotz aller schwierigen Rahmenbedingungen langsam mit der neuen, postpandemischen Realität anfreundet. Und man plant wieder im Voraus. Zum Beispiel für die Mutter aller Designmessen: die Milano Design Week. Ein guter Grund, bei renommierten Italo-Brands nach dem Status quo zu fragen.

06 . Dezember 2022 - By Manfred Gram

Willkommen in der neuen Realität. Aber was heißt das konkret? Wir haben bei renommierten italienischen Designunter­nehmen nachgefragt, wie sie so durchs Jahr gekommen sind, was sich getan hat und was man für 2023 erwarten darf.

CASSINA

Die Nobel-Brand aus Meda ist seit heuer auch mit einem eigenen Showroom in Wien präsent (Anm.: bei Designfunktion) und blickt auf ein starkes Jahr zurück. So nahm das italienische Wirtschaftsministerium das Unternehmen in seine prestigeträchtige Liste der historisch wichtigsten italienischen Marken auf. »Wir sind darauf besonders stolz, auch weil es un­sere enge Verbindung mit dem italienischen Designerbe zeigt«, erklärt Cassina-Geschäftsführer Luca Fuso. Ein Erbe, das sich in einer spannenden Kollektion des italienischen Kultdesigners Antonio Citterio zeigt und auf dem man immer auch Neues aufbaut. Mit »Cassina Pro« präsentierte man etwa erstmals Möbel­lösungen für den Office- und den Hospitality-Sektor. Einen Ausblick auf 2023 gibt es auch: Man begeht das 50-jährige Jubiläum der ­»Cassina i Maestri Collection« und legt dafür Klassiker von Le Corbusier, Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand neu auf.

FLEXFORM

Bei Flexform stand das Jahr ganz im Zeichen neuer Flagship- und Monobrand-Stores. Neue Niederlassungen eröffneten etwa in Miami, Stuttgart und Luzern. Richtig atemberaubend sind auch die neuen Mailänder Showrooms geworden. Das Architekturbüro von Patricia Viel und Antonio Citterio, der 2022 auch für einige Key-Pieces aus der Indoor- und Outdoor-Kollektion verantwortlich war, hat die zwei Stockwerke geplant und umgesetzt. »Der Mailänder Flagship Store ist das Vorbild für alle Geschäfte, die wir in Zukunft eröffnen werden«, heißt es aus dem Unternehmen. Kleiner Nachsatz: »Hoffentlich auch bald in Wien.« Ansonsten zeigt man sich, was Kooperationen für 2023 angeht, noch zugeknöpft. »Wir stecken noch mitten im Entwicklungsprozess für die neue Kollektion, die im April bei der Milano Design Week präsentiert wird.

Antonio Citterio Beim 72-jährigen Designer und Architekten laufen in Italien zahlreiche Kreativfäden zusammen. Er gilt als Erneuerer der Moderne. Für Flexform designt er nicht nur, sondern gestaltete gemeinsam mit Patricia Viel und seinem Architekturbüro auch den neuen Showroom in Mailand. citterio-viel.com

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GERVASONI 1882

Das Traditionsunternehmen aus Udine richtete sich heuer völlig neu aus. Nach über 25 Jahren Zusammenarbeit mit Architektin und Designerin Paola Navone will man in Zukunft verstärkt mit anderen Designer:-innen arbeiten. Den Anfang machten u. a. Federica Biasi oder das japanische Design-studio nendo. »Es ist eine völlig neue Situation und eine große Herausforderung für uns«, erklärt Giovanni Gervasoni, »aber die ersten Reaktionen waren großartig, und darüber sind wir sehr froh.« So erklärt sich übrigens, dass Teile der aktuellen Outdoor-Kollektion erst im Spätherbst vorgestellt wurden.

POLIFORM

Bei Poliform wird gejubelt. »Wir blicken auf ein Rekordjahr mit einem Umsatzwachstum von rund 22 Prozent im Vergleich zu 2021«, so Firmenmitgründer Giovanni Anzani. Parallel dazu befindet sich das Familienunternehmen gerade in Umbruch und gibt die Geschäfts-agenden sukzessive an die nächste Generation weiter. Zukunftssorgen hat man nicht: »Wir erwarten auch für 2023 einen Produktions-anstieg«, heißt es aus dem Unternehmen. Grund für die positive Einstellung: der anhaltende Outdoor-Trend. Neben neuer Outdoor- und Indoor-Kollektion, über die man noch nicht viel verraten möchte, will man im nächsten Jahr mit dem Projekt »Incontri« (deutsch: »Treffen«) im Grenz-bereich von Kunst, Kultur und Lifestyle für Furore sorgen. Starfotograf Paolo Roversi hält dafür Treffen mit den klügsten Köpfen der Gegenwart fotografisch fest. Quasi Diskursanalyse durch die Linse.

Jean-Marie Massaud Der Franzose gilt als einer der großen intellektuellen Design-Denker der Gegenwart. Seine An- und Einsichten werden üblicherweise zu (Gast-)Vorlesungen an den renommiertesten Universitäten der Welt diskutiert. Mit Poliform kooperiert der gefragte Gestalter regelmäßig. massaud.com

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Natuzzi

Das Unternehmen aus Bari, das heuer übrigens seinen ersten Flagship-Store in Wien eröffnet hat, brachte in den letzten Jahren kleinere Neuausrichtungen hinter sich. Sie tragen die Handschrift des 32-jährigen Pasquale Junior Natuzzi, Creative Officer des Unternehmens mit Topgespür für Storytelling und Qualität. Das kommt an. 2021, also im zweiten Covid-Jahr, erzielte man 423 Millionen Euro Umsatz, ein Plus von gut 30 Prozent. Und auch heuer gab’s in jedem Quartal Zuwächse. »Was ich nach der Pan-demie wahrnehme, ist die Rückkehr zu authentischen und wahren Werten. Man will langlebige, nachhaltige Qualitätsprodukte«, umreißt Natuzzi Gegenwart und Zukunft.

EDRA

Das Familienunternehmen aus der Toskana hat im Jahr 2022 einen wichtigen Wachstumsschub absolviert, erzählt Vizepräsidentin Monica Mazzei und kommentiert: »Das bereitet uns große Genugtuung und freut uns für alle, die gemeinsam mit uns arbeiten.« Es war fürs Unternehmen jedenfalls ein intensives Jahr, in dem es auch wichtige -Auszeichnungen gab. Die großartige Outdoor-Kollektion »A’mare« von Jacopo Foggini erhielt den renommierten EDIDA-Award, Edras Kreativmotor und graue Eminenz Francesco Binfaré wurde mit dem »Compasso d’Oro« ausgezeichnet. Was die Aussichten für 2023 betrifft, bleibt Monica Mazzei diskret-diplomatisch: »Der ideale Zeitpunkt, über Neues zu sprechen, ist die Milano -Design Week. Ich gebe nur sehr ungern Previews, die Zeit verrinnt ohnehin so schnell. Man sollte einfach genießen, was man im Moment hat.«

Francesco Binfaré Edra kooperiert seit 30 Jahren mit dem Designer, der heuer den renommierten »Compasso d’Oro« erhalten hat. Das Unternehmen aus Pisa würdigt seinen Kreativkopf zum Kooperationsjubiläum mit einem Prachtband, der Leben und Wirken des 83 Jährigen würdigt.

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