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KI in Architektur und Design: TRAUMWELTEN AUF KNOPFDRUCK

Werkzeug, Rettung oder Untergang? Die Künstliche Intelligenz sorgt für Aufregung in Architektur und Design. Hier tun sich neue Welten der Imagination und der Arbeitsabläufe auf, und es herrscht Goldgräberstimmung bei vielen Start-ups.

13 . Juli 2023 - By Maik Novotny

Der Scherz kam punktgenau zur rechten Zeit: Am 1.April verkündete das Online-Portal Archinect, man habe den Bot ChatGPT zum neuen Chefredakteur gemacht. Zitiert wurde der Bot mit einer perfekt formulierten Dankesrede aus schönen und nichtssagenden Buzzwords. Täuschend echt. Archinect bleibt natürlich – bis auf weiteres – menschlich, doch die Künstliche Intelligenz und ihre Bildgeneratoren wie ChatGPT, Midjourney oder DALL-E haben die Welt in Aufregung versetzt. Die einen sehen darin die größte Revolution seit der Erfindung des Rads, die anderen den Untergang der Menschheit. Das gilt auch für die Architektur- und Designwelt. Was bedeutet es für die Eigenmarke, wenn ChatGPT in Sekunden ein »Haus à la Zaha Hadid« ausspucken kann? Viele spüren hier eine unheimliche, gesichtslose Konkurrenz, andere haben KI als sinnvolles Werkzeug entdeckt. Eine Flut von KI-Konferenzen brach herein, und das Wiener Mak widmete den neuen Bild- und Raumwelten die Ausstellung »imagine: Eine Reise in die neue Virtualität«, die zwischen Utopie und Dystopie und schönen Traumwelten balanciert.

Header Bild: Mit SOLIDS entwickelte das Büro FAR eine Methode zur Erzeugung ganzer Stadt- Welten, wie hier in New York. oxfar.com

FILIGRANE WOLKEN

Eine Bereicherung des Designs durch KI sieht der amerikanische Architekt Andrew Kudless, Professor an der Universität Houston. Auf seinem Instagram-Kanal präsentiert er regelmäßig fiktive Räume, poetisch, halb abstrakt und garantiert kitschfrei. Rund 30.000 KI-Bilder hat er nach eigenen Angaben schon produziert. Er benutzt das Werkzeug als Skizzenbuch, und er präferiert das Vage gegenüber dem Glitzernden. Das zeigt, dass die Flut an Fantasy-Kitsch, die einen Großteil der KI-Bilderflut auf den Sozialen Medien ausmacht, nicht die einzige Wahrheit sein muss. Der französische Architekt Arthur Mamou-Mani lässt seine ganz realen filigran-wolkigen Gebilde, die meistens aus dem 3D-Drucker kommen, von KI berechnen. »Der Entwurfsprozess geht so viel schneller, dass man dadurch mehr Zeit für die reale Welt hat«, sagt er. Firmen und Start-ups sind bereits auf den KI-Zug aufgesprungen, euphorisiert von der Aufbruchstimmung. Zum Beispiel Swapp, die KI für die Baustellendokumentation anwenden wollen, eine von vielen Anwendungen, die den Architekt:innen und Ingenieur:innen das Leben erleichtern sollen. Die Website Promptbase wiederum verkauft originelle Prompts (die Texte, die der Intelligenz sagen, was sie sich ausdenken soll) für Leute, die zu wenig Zeit haben, sich selbst etwas auszudenken.

Barocke Pracht Der Luster »Briar« wurde von Arthur Mamou-Mani für ein Hotel in einer
früheren gotischen Kirche in Schottland via 3D-Druck produziert. mamou-mani.com

© Naaro

Eleganz aus Roboterhand Der AI-Chair, entworfen von Philippe Starck, für Kartell. starck.com

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Abstrakte Schleier Eines von über 30.000 Bildern, die der US-Architekt Andrew Kudless mit Künstlicher Intelligenz erzeugt hat. matsys.com

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Mensch trifft Maschine Im Innovation Park Artificial Intelligence (Ipai) im deutschen Heilbronn soll KI-Technologie weiterentwickelt werden. ip.ai

© MVRDV

NEUE TECH-HUBS

Im großen Maßstab wird KI schon lange in der Industrie angewandt und weitergedacht. Daraus ergeben sich wiederum neue Bauaufgaben – oder ganze Städte. So wie der Innovation Park Artificial Intelligence (Ipai) im süddeutschen Heilbronn, ein kreisrunder Campus mit Wohnungen, Kindergarten und Cafés. Damit sollen die klugen Köpfe der Welt angelockt werden, die ansonsten in die Tech-Hubs von Shenzhen oder Seoul wandern. Der Entwurf für den Campus stammt vom niederländischen Architektenteam MVRDV. »Die Entwicklungen im Bereich KI haben die Aufmerksamkeit aller Menschen erweckt, und hier schaffen wir einen kompakten Campus, in dem diese Begegnung stattfinden kann«, sagt Jacob van Rijs, das »VR« in MVRDV. Auch Designstar Philippe Starck setzt längst auf die Klugheit der Datenbanken, die er »das mächtigste Gehirn, das es gibt« nennt. Sein KI- Chair, der für Kartell produziert wurde, weist mit seinem biologisch-knochigen Look schon in eine mögliche Zukunft.

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