Kunstkauf? Trau dich doch!
Altes oder Gegenwart? Gemälde, Skulptur oder Installation? Galerie, Messe oder Auktion? Kunstkauf als spannendes Abenteuer für Sammler:innen – oder doch nur spekulatives Investment? Ein kleiner Streifzug an der Hand von Kunstexpert:innen durch ein aufregendes Feld.
20 . Juli 2023 - By Stefan Musil
So vielfältig wie die Kunst, sind auch die Möglichkeiten, sie zu erwerben. Doch nach welchen Spielregeln sollte man dabei vorgehen? »An allererster Stelle steht die Freude an der Kunst«, sagt Agnes Husslein-Arco, die dank ihrer Laufbahn zwischen Sotheby’s und Guggenheim Museum, als Direktorin des Salzburger Rupertinums, dann des Belvedere in Wien und aktuell der Heidi Horten Collection, mit allen Kunstwassern gewaschen. Ihr Tipp: »Um ein Gespür für den Markt und vor allem für Qualität zu bekommen, ist es hilfreich, viele Ausstellungen in Museen oder Galerien anzusehen. Das, auch internationale, Auktionsgeschehen zu beobachten, hilft dabei, ein Gefühl für aktuelle Preise und gebotene Qualität zu bekommen, ebenso wie der regelmäßige Besuch von etablierten, wie jungen Kunstmessen.« Mit dem Kunstmarkt hat sich in den letzten Jahrzehnten auch das Profil der Kunstkäufer:innen gewandelt. Der Wiener Galerist Ernst Hilger berichtet: »Viele Sammler:innen der alten Generation haben aufgehört, zu sammeln oder sind einfach nicht mehr. Dafür gibt es eine Reihe neuer Käufer:innen, die durchaus neugierig auf Kunst sind, aber derzeit eher preiswertere jüngere Positionen erwerben. Dazu kommen natürlich weiterhin die Investment-Käufer:innen, die ihr Geld in ,schönen Dingen’ anlegen wollen – Galerien müssen sich hier einfach umstellen.« Die Zeiten, da Kunstsammeln einen hehren Nimbus hatte, Ausdruck von Passion und Kennerschaft war, scheinen vorbei. Nicht selten dient Kunstkauf heute der Spekulation. Das bestätigt Agnes Husslein-Arco: »Mir behagt diese Entwicklung naturgemäß überhaupt nicht. Ich bin bekanntermaßen seit vielen Jahren in unterschiedlichen Funktionen im Kunstbetrieb tätig und habe diese Entwicklung ,live’ miterlebt – ob als Expertin in den bekannten Auktionshäusern der Welt, als Direktorin von Museen in Österreich und Mitglied in diversen Jurys, was Kunstförderungen und Ankäufe betrifft. Diese Tendenz weg von der Kunst selbst hat natürlich die beschriebenen negativen Auswirkungen auf den Markt und seine Entwicklung. Es wird der Spekulation Tür und Tor geöffnet. Bei Auktionen bieten heute oft anonyme Organisationen und Investoren, deren einziges Ziel die Wertsteigerung eines Kunstwerks ist, das nach dem Kauf in einem Depot verschwindet und nach einigen Jahren wieder verkauft wird, was für ein Werk nicht unbedingt von Vorteil ist.« Es gibt Ausnahmen. Gustav Klimts »Dame mit Fächer« ging soeben bei Sotheby’s in London um 99,57 Millionen Euro, laut Auktionshaus, an einen »Sammler aus Hong Kong«. Nach dem Vorteil des Kaufs bei einer Auktion gefragt, nennt Andrea Jungmann, Senior Director von Sotheby’s in Wien, »mit Sicherheit die Transparenz, da es sich hier um einen öffentlichen Verkauf handelt und man genau nachverfolgen kann, was der Markt zum Zeitpunkt der Auktion bereit ist zu bezahlen. Zudem hat man in einer Auktion, sofern man den Zuschlag erhält, auch eine realistische Bestätigung bezüglich des Kaufpreises, denn bei einem Bietergefecht war zumindest eine Person bereit, einen Preisschritt darunter für ein Kunstwerk zu bezahlen.«
Header: Kunst will inspiziert sein: Die Baert Gallery präsentierte sich im Februar mit Keramikskulpturen von Sophie Wahlquist auf der Frieze Messe in Los Angeles.