© alle Fotos Chris Singer

Letizia de Maigret: »der dialog ist eine wichtige komponente«

Philosophie und Geschichte. Eine theoretische Suche nach den Essenzen des Seins. Das sind die Inhalte, die die Künstlerin Letizia de Maigret beflügelt und in ihrem Werk »The Disordered Landscape« einfließen lässt. Der LIVING-Talk über die Beständigkeit der menschlichen Natur im Licht der Evolution.

18 . Juli 2023 - By Angelika Rosam

Uunser Leben unterliegt ständiger Veränderung. Ebenso verhält es sich mit der Gesellschaft, die, in permanenter, rasanter Bewegung die eigentliche Flüchtigkeit unseres Daseins manifestiert. Die Künstlerin Letizia de Maigret hat die Suche nach dem Sinn unserer Existenz und auch der Natur zu ihrer Maxime gemacht. Auch in ihrem neuesten Werk: Euphorisch erklärt sie LIVING »The Disordered Landscape« – aktuell zu sehen in der Galerie Hilger – und gibt gleichzeitig einen Einblick in ihre ganz persönliche Welt.

kritischer ansatz & gute vibes

Die chinesische Tinte und die Tuschetechnik »Haboku-Sansui« waren der inspirierenden Kreativen dabei die großen Unterstützer. Wir sehen interessante Arbeiten mit abstrakten Landschaften, in denen schmelzende Körper und fließende Wellen dargestellt werden, die auf Krieg, drohende Umweltkatastrophen und Informationsrevolutionen aufmerksam machen sollen. Der positive Ansatz kommt bei de Maigret, die zwischen der Schweiz, Wien, London und Dubai pendelt, dennoch nicht zu kurz. Mittels prächtiger Farben, die eingesetzt werden, wird gleichzeitig Erneuerung und Hoffnung symbolisiert, sowie die Notwendigkeit, die digitale Welt rund um uns sinnvoll zu reflektieren. Das LIVING-Gespräch über Poesie, Mut und Zuversicht.

LiVINGIhre Arbeiten suchen nach dem Sinn, dem Ursprung und der Veränderung in
unserer Umwelt. Was genau ist die Botschaft dahinter?

Letizia de maigret Ich würde nicht sagen, dass meine Botschaft unbedingt politisch sein muss, aber bis zu einem gewissen Grad müssen meine Bilder etwas Reales ausdrücken, Lebensumstände, mit denen wir uns tagtäglich befassen. Meine Werke sollen die Problematik gewisser Situationen wiedergeben, aber in Form von visueller Poesie. Ich verwende Bilder anstelle von Worten. Es passiert etwas und meine Kunst reagiert darauf. 

Ist »The Disordered Landscape« entstanden, als der Ukraine-Krieg schon begonnen hatte?

Ja, ich habe diese Arbeiten heuer beendet. Der Ukraine-Krieg belastet mich sehr. Er ist so nahe bei uns. Ich hoffe natürlich, dass er irgendwann aufhören wird, dennoch müssen wir uns dessen bewußt sein, dass die Zerstörung der Landschaften und Städte, die Auslöschung vieler Familien unwiederbringlich sind. Und dann frage ich mich: wie absurd ist das eigentlich alles? Welche Erde hinterlassen wir unseren Kindern?

Hilft es Ihnen persönlich, die Aufarbeitung aktueller Geschehnisse über Ihre Werke zu steuern?

Ja durchaus. Ich bin kein Zen-Buddhist, aber ich bin ein Freund der Philosophie. Das
Leben ist eine ständige Veränderung und man sollte Harmonie, etwas Positives darin finden, damit man vor dieser Veränderung keine Angst mehr hat. 

Im Gespräch LIVING-Herausgeberin Angelika Rosam traf Letizia de Maigret zum Austausch über künstliche Intelligenz und die Notwendigkeit des Dialogs.

LIVING-Fotoshooting Die Künstlerin Letizia de Maigret vor ihrem Werk »Neuroni« – chinesische
Tusche, Zeichenstift, auf Acryl/Yupo-Papier.

Obwohl es sich um ernste Themen handelt, schaffen Sie es in der Tat, mit Ihren Bildern Hoffnung zu geben. Sie verwenden symbolisch viele bunte Farben, ansprechende Formen – die besten Ingredienzien für Mut und Zuversicht...

Das ist es, was ich damit bezwecken wollte. Nach Beginn des Krieges habe ich täglich die Zeitungen gelesen um mich zu informieren. Heute mache ich das nicht mehr. Ich halte die Hiobsbotschaften einfach nicht mehr aus. Und wir sind noch nicht über den Berg. Auch viele andere Probleme wie die künst­liche Intelligenz kommen auf uns zu. Man muss sich einfach der Tatsachen und schwierigen Situationen bewusst sein und sollte nicht selbstgefällig sein und diese übergehen. Aber man darf die positive Grundeinstellung zum Leben dennoch nie verlieren. 

Wie kommt es eigentlich, dass Sie sich von vielen Philosophen, unter anderem auch Sokrates inspirieren lassen?

Der Dialog ist eine wichtige Komponente in meinem Leben. Darum sind die großen Denker in meiner Wahrnehmung vielen Themen gegenüber immer sehr präsent gewesen. Die Kunst ist es, aus dem Dialog einen visuellen Ausdruck zu schaffen, Gedanken zu visualisieren. Mit meinen Bildern gebe ich eine Art Antwort auf Zygmunt Baumans Ansätze. Er ist für mich ein sehr zeitgenössischer Philosoph, der in den 90er-Jahren zahlreiche Arbeiten zum Diskurs der Postmoderne vorlegte und sich zuletzt vor allem mit der neuartigen Kontingenz, die die Lebensverhältnisse der »liquiden«, also »verflüssigten« Moderne kennzeichnet, befasste. 

Wohin führt Sie Ihre künstlerische Reise?

Ich werde natürlich meinen Weg fortsetzen und irgendwann stehe ich dann im Dialog mit mir selbst (lacht). Ich werde mich selbst sicher noch intensiver hinterfragen, in die Tiefe gehen und meine Beziehung zur Welt analysieren. Vielleicht sogar einen Moment der Transzendenz erfahren. Ich bin aber davon überzeugt, dass man diesen Umstand nur in der Kunst erleben kann.

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LIVING Nr. 05/2023
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