LIVING Salongespräch: Wie würde ein archaisches Leben aussehen?
Bauen und Wohnen werden immer komplexer und technisch anspruchsvoller. Zugleich aber ist in der Architektur ein Gegentrend zu einer neuen Einfachheit zu beobachten. Was brauchen wir wirklich? Wo braucht es Fortschritt? Und wann ist es genug? Darüber sprechen Architekt Dietmar Eberle, Uniprofessorin Baerbel Mueller und der Klima- und Energieexperte Bernd Vogl.
27 . August 2023 - By Wojciech Czaja
Header Bild: Auf der Suche nach der Archaik Wie finden wir wieder zurück zu einem einfachen Leben? Baerbel Mueller ist Architektin und Forscherin in Österreich und Ghana und leitet das IoA Institute of Architecture an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Dietmar Eberle (M.) ist Gründer und CEO von Baumschlager Eberle Architekten, das in Europa, China und Vietnam tätig ist. Und Bernd Vogl ist seit 1. Januar Geschäftsführer des Klima- und Energiefonds.
LIVINGWo sind Sie modern und fortschrittlich?
Baerbel Mueller Ich arbeite oft an sehr abgeschiedenen Orten, zum Beispiel im Norden Ghanas, aber dennoch bin ich immer und überall online und per Mail und über soziale Netzwerke erreichbar.
Bernd Vogl Ich habe es mir vor vielen Jahren zum Vorsatz gemacht, sämtliche Technologien und Innovationen, die ich propagiere und im grossen Massstab einsetze, in meinem eigenen Alltag auszuprobieren.
Dietmar Eberle Ich muss gestehen, dass mich diese Frage nicht wirklich interessiert. Ich umarme alles, was auf mich zukommt. Ich sehe es als meine Verpflichtung als Architekt, bis zu einem gewissen Grad modern und fortschrittlich zu sein. Die Frage ist nur: Wo ist es sinnvoll und wo nicht?
Und in welchem Bereich würden Sie sich als klassisch, konservativ, altbewährt bezeichnen?
Vogl Ich denke, ich führe ein ziemlich klassisches Leben mit einem recht konservativen Lebensmodell: Job, Haus, Familie.
Eberle Ich bin ein Anhänger von alten, bewährten Baustoffen und handwerklichen Methoden. Wo es Sinn macht, greife ich darauf gerne zurück. Und ich bin ein grosser Anhänger von Jahreszeiten und Saisons. Ich bemühe mich sehr, diesen Rhythmus in meinem Leben zu berücksichtigen.
Mueller Ich habe schon oft unter extrem reduzierten Bedingungen gelebt. Ohne Strom und ohne fliessendes Wasser. Tagsüber ist es hell, in der Nacht ist es dunkel. Dieses einfache Leben hat durch seine Unmittelbarkeit einen eigenen Reiz, ohne das in ein zynisches Licht stellen zu wollen. Ansonsten kann ich mit Begriffen wie altbewährt und konservativ nicht viel anfangen.