Modulare Möbelsysteme für maximale Freiheit
Wer bastelt mit? Modulare Möbelstücke sind präsenter denn je. Kein Wunder: Wohnraum wird knapp und das Leben der Menschen sehr flexibel. Da muss auch das Interior mithalten. Ein kleiner Blick in die Baukästen des Wohnens.
02 . Dezember 2022 - By Manfred Gram
Beizeiten kommt es vor, dass sich gefühlte Wahrheiten auch mit der Faktenlage decken. Irgendwie dachte man sich schon länger, dass es am Immobilienmarkt so etwas wie einen Trend hin zu kleineren Wohnungen gibt. Eine rezente Studie, die von der WKO gemeinsam mit dem Bauträger GBV und EXPOREAL in Auftrag gegeben wurde, liefert nun die Zahlen dazu. In Wien stieg die Anzahl der Ein- bis Zwei-Zimmer-Wohungen im letzten Jahr um sieben Prozent an. Kleine Wohneinheiten – so die Studie – machen mittlerweile bei einem durchschnittlichen Immobilienprojekt bereits 60 Prozent aus.
Warum dieser Trend wichtig ist? Er verändert das Wohnen. Denn gibt es weniger Platz, verschmelzen unterschiedliche Wohnbereiche miteinander, klare Grenzen und Zuordnungen der Räume verschwimmen. Einmal mehr wirkte die Covid-Pandemie dabei als Booster. Nicht wenige mussten sich überlegen, wie sie die Bereiche Wohnen und Arbeiten zu Hause miteinander am besten verbinden können. Aber nicht nur das schafft neue Herausforderungen für Architekt:innen, Raumplaner:innen und Designer:innen. Denn werden die Wohn- und Nutzflächen kleiner, müssen Räume und Interior mehr können, vor allem aber flexibler und multifunktionaler gedacht werden.
Beständige Begleiter
In den Fokus geraten dabei vor allem modulare Möbel, also anpassungsfähige Interior-Stücke, die nach dem Baukastensystem erweitert, aber auch verkleinert werden können. »Modulare Möbel hat es schon immer gegeben, aber mittlerweile wird ihnen wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt«, erklärt Stefan Scheicher, vom Salzburger Einrichtungshaus Scheicher, das im nächsten Jahr sein 100. Firmenjubiläum begeht. Und ja, das hat natürlich mit dem Kleinerwerden der Wohnflächen zu tun, aber nicht nur: »Die Lebensentwürfe der Menschen werden immer hybrider. Wohnorte werden sehr oft gewechselt, modulare Möbel sind da nachhaltige Begleiter in jeder Lebensphase, die sich allen Wohnsituationen anpassen.
Sie begleiten einen im besten Fall vom Kindes- bis ins Erwachsenenalter«, so Scheicher. Der Wohnexperte hat in dieser Hinsicht übrigens auch einen Modul-Favoriten. Möbel von USM Haller, die sich beliebig erweitern und zerlegen lassen, aber auch zu einem zeitlosen Klassiker avanciert sind. Ein anderer Klassiker ist das Regalsystem »Cubit«, mit dem das Kombinations- und Kreativitätsprinzip auf die Spitze getrieben wird. Die würfel- und quaderförmigen Elemente sind in 22 verschiedenen Farben erhältlich und sie lassen sich einfach und werkzeugfrei zu einem Möbelstück zusammenbauen. Der Individualpurismus der hochwertigen Kästchen kommt seit mittlerweile 16 Jahren gut an.
»Einmal knapper Wohnraum, dann wieder mehr Platz – Multifunktional- und Modulmöbel sind da oftmals Problemlöser.« – Stefan Scheicher, Einrichtungsexperte, scheicher.net
Wer bastelt mit?
Abseits von Klassikern wie diesen tummeln sich aktuell so viele spannende Modullösungen wie schon lange nicht am Markt, stoßen auf Interesse und werden auch noch prämiert. Die Sofalösung »T4 Modular« von Sara Hayat zum Beispiel. Sie erhielt vor wenigen Wochen dafür den »International Architecture & Design Award«. »Tetris«-Blöcken nicht ganz unähnlich, steckt man sich hier eine hochwertige Sitz- und Liegemöglichkeit zusammen. -Ebenfalls preisgekrönt ist das »f = mg« vom österreichischen Designer Jakob Glasner. Er bekam für sein modulares Hochbettsystem, das auf einfachen Klemmmechanismen -basiert, den österreichischen Staatspreis für Design. Wohl auch, da das Bett ganz ungezwungen und elegant auf die nomadischen Lebensumstände im 21. Jahrhundert verweist.
Die Schlafstätte schaut bereits auf den ersten Blick nicht so aus, als würde sie bei Umzügen große Probleme machen. Zudem sorgt sie in kleinen Räumen für genügend Platz, lässt sich aber auch (falls es mal nötig sein sollte) zum Stockbett erweitern oder einfach nur zu einem ganz normalen, niedrigen Bett machen. Hier ist Modularität schon sehr nah an Multifunktionalität dran. Denn wenn Räume aktuell mehrere Funktionen übernehmen, tun dies Möbel, auch modulare, erst recht und es kommt zu Überschneidungen. »Multifunktionale Möbel werden für verschiedene Zwecke verwendet«, klärt Stefan Scheicher zur Sicherheit noch einmal auf und ergänzt: »Modulare Möbel können auch ein Multifunktionalmöbel sein, müssen aber nicht. Umgekehrt funktioniert es aber gar nicht. Ein reines multifunktionelles Möbelstück ist im Nachhinein nicht beliebig veränder- und erweiterbar.«
Praktisch und schön kann das aber allemal sein. Bestes Beispiel dafür ist das »Tablebed« des finnischen Designers Dine Renfors, welches das deutlich macht. Ein Esszimmertisch für sechs Personen wird dabei mit einigen gezielten Handgriffen in ein Doppelbett mit ordentlicher Matratze verwandelt. Radikal, platzsparend und pragmatisch. Das passt maßgenau in eine Zeit, in der nicht nur gefühlt, sondern auch faktenbasiert Wohnräume immer kleiner werden.