© Stefan Gergely

Neue Hermès Boutique in Wien: luxus mit wohlfühl-atmosphäre

Die Wiener Hermès-Boutique hat nach einer zweijährigen Renovierungs­pause wieder ihre Türen geöffnet. Dafür hat man die Pariser DNA stark mit dem Wiener Jugendstil verschmelzen lassen. Das Resultat: ein Prachtjuwel, das Traditionen und Historie verbindet. LIVING traf Architekt Denis Montel, der für das Designkonzept verantwortlich ­zeichnet.

26 . Oktober 2023 - By Angelika Rosam

Header Image: LIVING-Termin Noch bevor die Boutique offiziell eröffnete, fand das exklusive LIVING-Fotoshooting mit Hermès-Architekt Denis Montel statt.

Wir sprechen hier von mehr als nur Kelly Bags. Tradition trifft auf Geschichte, Pariser Savoir-faire auf Wiener Ästhetik. Zwei Jahre gab man sich Zeit und Muße, um das denkmalgeschützte Gebäude am Graben, in dem Hermès seit 2001 residiert, neu erstrahlen zu lassen. Mit einem respektierlichen Ergebnis: Auf drei Etagen nun präsentiert sich die DNA des Pariser Hauses inklusive Accessoires, dem Maison-Universum, Reitsport, Hermès Beauté und Parfums im Erdgeschoß, Prêt-à-Porter Damen und Herren sowie Schuhen, Schmuck, Uhren, Leder und einem VIP-Salon im zweiten Stock. Konträr zu anderen Luxusmarken mit global festgelegten Interieur-Konzepten ging Hermès hier eine Symbiose mit dem Standort selbst ein. So ließ man sich vom Wiener Jugendstil samt Secession inspirieren und tat gut daran. Unter der Leitung des französischen Architekten Denis Montel und seines Büros RDAI entstand ein Prachtjuwel aus Natureiche, italienischem Travertin, raffinierten Zierleisten und Mosaikböden, Wiener Kunst aus der Sammlung Emile Hermès, getaucht in ein mit sanften Karamell- und Kupfertönen kreiertes Farbkonzept.

Mastermind Seit 23 Jahren ist Architekt Denis Montel mit seinem Büro RDAI für das Design der Hermès-Boutiquen verantwortlich.

© Stefan Gergely

Hermès auf der Piste Es gibt hier nichts, was nicht en vogue ist, z. B. Ski und die passenden Stöcke.

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jugendstil meets Pariser Flair

Noch bevor man offiziell die Türen der neuen Hermès-Boutique für einen schillernden Cocktail öffnete, war LIVING bereits für eine Extra-Tour von Architekt Montel geladen. 

LIVING Mission erfüllt. Der neue Hermès-Store in Wien ist eine Pracht! Das Luxushaus versucht in seinen Boutiquen stets die jeweilige Stimmung der Stadt einzufangen. Auf welche Details haben Sie in Wien Wert gelegt?

Denis Montel Das ist richtig. Die Boutiquen werden immer sorgfältiger gestaltet und sind damit einzigartig. Die Beziehung zur Stadt spielt dabei eine große Rolle, und wir setzen uns mit den Details, dem Umfeld und den Gegebenheiten rundherum intensiv auseinander. In Wien waren die Herausforderungen, diese Kriterien zu erfüllen, schwierig, aber gleichzeitig genial. Wir haben unser modernes, klassisches Konzept in dieses denkmalgeschützte Palais integrieren können, inspiriert vom Jugendstil und der Wiener Secession. Farben, Muster, Geometrie, der Kontext, es passt zur Szene. Und das ist etwas, was man sonst nicht findet …

Worauf sind Sie besonders stolz?

Die geschwungene Treppe aus Naturstein, die sich über alle Stockwerke erstreckt, ist natürlich eines der Highlights des Stores. Sie sieht aus, als wäre sie aus einem einzigen Block gefertigt, was sie aber nicht ist. Dennoch beeindruckt sie aufgrund ihrer Gleichmäßigkeit. Und wir haben etwas wirklich Einzigartiges in Bezug auf die Technik entwickelt. Sie kombiniert fünf verschiedene Techniken, die nie zusammen verwendet oder gemischt werden. 

Das ist aber sicher noch nicht alles?

Auch Stilelemente wie die Zierleisten und Simse an den Oberkanten der Wände ergeben ein großartiges Gesamtkunstwerk. Das ist etwas, was wir in vielen schönen Art-déco-Inneneinrichtungen beobachtet haben, und der Grund, warum die Horizontalität gerade auch in diesem Palais funktioniert hat. Wir haben uns in der Tat viel mit der Geschichte des, sagen wir, starken architektonischen Erbes beschäftigt. Dabei ist die Symbiose zwischen Tradition und dem Zeitgeist von Hermès geglückt. Und dank der Tausenden inspirierenden Hermès-Farbwelten schaffen wir es mit dem neuen Konzept, eine Konversation im Raum und mit dem Raum stattfinden zu lassen. 

Mit »Wien« im Hinterkopf konnte man sich tatsächlich austoben …

Ich denke, dass wir in diesem Geschäft eine Art Exzentrizität kombinieren, eine umfangreiche Palette von Materialien, die für uns etwas ganz Typisches der Secession Viennoise ist. Aber es gibt auch sehr moderne Stücke, wie die Struktur­elemente der Treppe, mit der wir etwas Neues schreiben, allerdings immer mit dem Verständnis der Geschichte.

Wenn man für ein Haus wie Hermès arbeitet, gibt es sicher Regeln, die man in jedem Geschäft umsetzen muss. Wie konnten Sie Ihre Ideen mit jenen von Hermès vereinbaren?

Wir kennen uns schon seit langer Zeit, denn ich arbeite bereits seit 23 Jahren für den Konzern. Wir haben eine starke Beziehung, und ich habe mit meinem Büro viele Entscheidungsfreiheiten. Es geht um einen Dialog. Wir schlagen Ideen vor und wir tauschen uns aus. Das einzige Ziel, das immer erreicht werden muss, ist jenes eines hohes Qualitätsniveaus, das Details und Komfort in den Mittelpunkt stellt. Das ist ein allgemeines Konzept, das offen ist für Kreativität.

Design-Highlight Eine skulpturale, teilweise geschwungene Treppe aus Travertin bildet das Herzstück der neuen Boutique und windet sich über die gesamte Höhe nach oben.

© Christian Kain

Einkaufen soll Spaß machen! Die Prêt-à-Porter-Damen- und Herrenkollektionen sowie eine große Schuhauswahl befinden sich im ersten Stock. Montel kreierte dafür einen Bereich mit Wohlfühlfaktor.

© Christian Kain

»Ich habe die Damen,- und Herrenabteilung einem gemütlichen Wohnzimmer nachempfunden.«

Denis Montel über das Designkonzept

Darf es eine Kelly oder Birkin sein? Die Auswahl der legendären Kult-Taschen ist im neuen Store groß, allerdings benötigt es einen speziellen Termin, um die Sammelstücke inspizieren zu können.

© Christian Kain

Gibt es also keine Kriterien, die man hier befolgen sollte?

Nicht wirklich. Es gibt einen Rahmen, aber innerhalb des Rahmens gibt es viele Freiheiten. Sagen wir mal, wir haben ein paar Codes, die wir verwenden müssen. Es ist eine Art Signatur, wie die Eingangstür oder das Mosaikmuster auf dem Fußboden, das sich im Allgemeinen im Erdgeschoß befindet. Und es gibt auch dekorative Beleuchtungskörper, die sogenannten emblematischen Glaskugel-Lampen »Grecque«, die in allen Hermès-Stores zu finden sind. Das Schöne ist: Die Einrichtung wurde für Hermès maßangefertigt. Sowohl Möbel als auch Wandtapeten oder Vorhänge. In Kombination mit dem ausgewählten Interieur bringt diese Art des Store-Designs mehr Leben in die Boutique.

Bei einem Modegeschäft hat man als Architekt sicher eine andere Herangehensweise als bei einem Architekturprojekt. Oder nicht?

In unserem Büro arbeiten wir als Architekten, Innenarchitekten und Objektdesigner. Wir arbeiten also in drei verschiedenen Bereichen, verfolgen aber immer dasselbe Ziel. Denn es geht uns nicht nur um die Konstruktion, sondern darum, wie man lebt, wie das Leben ist, wie man dort sitzt, wo man ist. Und all das lebt zusammen, es ist ein ganzheitliches Konzept. Ich fühle mich also sehr wohl, wenn ich morgens an der Struktur des Dachs und nachmittags an den Details des Tischbeins arbeite.

Das klingt alles sehr harmonisch!

Genau, es geht auch um Harmonie, wenn man ein Geschäft entwirft. Denn man muss auf, sagen wir mal, ziemlich kleinem Raum viele Dinge kombinieren, viele Waren, viele Auslagen, viele Möbel, viele verschiedene Materialien. Ich erinnere mich an eine Sitzung, bei der die Tische mit allem Möglichen bedeckt waren, mit Mustern und allen Zeichnungen. Unser Meeting bestand darin, die richtigen Farben mit den passenden Materialien zu kombinieren. Man könnte jetzt sagen: Was ist da schon dabei? Aber ich sage Ihnen, winzige Unterschiede machen im Endeffekt einen großen Unterschied. 

Was ist Ihre Botschaft für den Kunden, wenn er die Hermès-Boutique betritt?

Ich habe den Damen- und Herrenbereich so gestaltet, als würde man sich in einem Wohnzimmer befinden. Die Kunden sollen sich wohlfühlen. Darum geht es. Kunden sollen sich Zeit nehmen und sich nicht unter Druck setzen lassen. Unser Leben ist ohnehin schnelllebig genug, so sollte man einen Einkauf in einem Hermès-Geschäft auch genießen können, sich besonders und geschätzt fühlen. Ich sage immer: Kunden sollen wie Gäste behandelt werden. Sie sollen bei Hermès eine gute Zeit haben.

Würden Sie es also als Trend bezeichnen, Komfort und eine Wohnzimmeratmosphäre in ein Geschäft zu holen? 

Ich denke, das ist ein Trend, ja. Es gibt wirklich eine Entwicklung im Einzelhandelsbereich. Das geht sogar ziemlich schnell. Ich glaube, das Internet hat viel verändert. Viele Leute kaufen jetzt online ein. Und ein Geschäft ist nicht nur ein Ort zum Kaufen. Es ist ein Ort, an dem man Menschen trifft, sich unterhält und eine besondere Erfahrung machen will.

Hommage an die Secession Für diesen Salon kreierte Seidencarré-Illustrator und Dekorateur Pierre Marie das Interieur. Die Glasfenster, alle mit Pferdegeschirr- und Schließenmotiven aus den Archiven des Hauses Hermès verziert, wurden mit Ornamenten der Wiener Secession kombiniert.

© Christian Kain

Einladend Neu in der Boutique: ein großes Sortiment von Hermès Beautè und Parfums im  Erdgeschoß.

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Experten-Talk LIVING-Herausgeberin Angelika Rosam wurde von Denis Montel für erste Eindrücke durch den Store geführt.

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LIVING Nr. 07/2023
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