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Platzwunder: ist doch ganz und gar Regal!

Sie sorgen für Effizienz bei Raumnutzung und Ordnung im Haus und werden dennoch immer ein wenig stiefmütterlich behandelt: Regale. Dabei können sie echte Hingucker und kleine Kunstwerke sein. LIVING hat sich die unterschätzte Spezies etwas genauer angesehen.

19 . September 2023 - By Manfred Gram

Kunststück 1949 wurde das Regalsystem String entwickelt, dann geriet es in Vergessenheit. Seit über 20 Jahren wieder am Markt, ist das Design jetzt offiziell ein -Kunstwerk. stringfurniture.com

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Header Bild:  Hoch- und Tiefbau Optisch ansprechende und vor -allem clever modulare Regal--Lösung vom deutschen Designer Ludwig Kaimer. Er ließ sich für »Tana« von Rohbauten inspirieren. schoenbuch.com

Ganz ehrlich: Regale sind so gut wie nie der Star in einer Wohnung. Diesen Part übernehmen Sofas und Tische, Konsolen und Stühle. Das Regal, obgleich als vielseitiger Platzproblemlöser einsetzbar, geht dabei meist unter. Es ist auch nicht ganz verwunderlich, denn der emotionale Zugang, den viele zu Regalen haben, lässt sich zwischen all den Billy- und Kallax-Exzessen, denen man zeitlebens ausgesetzt wurde, im besten Fall als leicht abgestumpft bezeichnen. Dabei können Regale so viel mehr. Als Raumteiler oder solide Basis für Bücher und Dekogegenstände, klar. Aber mehr noch, nehmen die Vorzeige-Exemplare immer wieder neue Formen an und werden so zu einem fixen Bestandteil und Gestaltungselement moderner Wohnräume. Sie sind anpassungsfähig, im besten Fall auch noch modular, und das eine oder andere Stück geht mittlerweile sogar ganz offiziell als Kunstwerk durch. 

Regale als Kunst an der Wand

Wie der skandinavische Regalklassiker »String«, der 1949 von Nisse und Kajsa Strinning entworfen wurde. Die Drahtleitern, an den denen die Holz- oder Metallfächer platziert sind, haben sich (nicht nur in Skandinavien) tief im kollektiven Designbewusstsein verankert. Und zwar so, dass kurz nach der Wiederbelebung der Marke Anfang der Nullerjahre das Regalsystem als angewandte Kunst gemäß dem Urheberrechtsgesetz eingestuft wurde: »Die Einfachheit und Flexibilität gepaart mit einem ikonischen Design und Abmessungen, die seit über 70 Jahren gleich geblieben sind – das macht String wirklich zeitlos«, fasste es String-Furniture-Co-Chef Peter Erlandsson einmal zusammen. Das Regal als Kunstwerk also. Ein Ansatz, der noch eindrucksvoller wird, wenn architek-tonische Konnotationen und Assoziationen mitspielen. Wie beim italienischen Design- und Architektenduo Marconato & Zappa, die aktuell für Bonaldo das Bücherregal »Twigs« entworfen haben. Eine Stahlrohr-Holz-Kon-struktion im edlen Burgunderrot, die clever geometrische Regelmäßigkeiten bricht. Mehr als ein paar schief angeordnete Rohre braucht es nicht, um optische Spannung zu erzeugen, die dem Regalgebilde einen fast schon skulpturalen Charme verleihen. Darauf setzt übrigens auch der deutsche Designer Ludwig Kaimer für sein modulares Regalsystem »Tana«, das im Auftrag für die bayerische Interior-Marke Schönbuch entstanden ist. Die Regal-Arbeit soll als Hommage an die Schönheit architektonischer Konstruktionen gesehen werden. Dem Ganzen geht dabei die Faszination des Designers für Rohbauten voraus. Dementsprechend soll »Tana« an den Skelettbau gerade entstehender Gebäude erinnern. Der skulpturale Look wirkt, vor allem da er auch noch in vielen Farboptionen verfügbar ist und sich trotz formaler, wuchtiger Strenge sehr elegant an der Wand macht. 

Dick und dünn auftragen 

Überhaupt ist Eleganz ein wichtiger Faktor, wenn es darum geht, Regale in Szene zu setzen. Allerdings können die Wege dorthin respektive die Resultate oft unterschiedlicher nicht sein. Der polnische Designer Bashko Trybek verfolgt dabei etwa einen beinahe schon grafischen Ansatz, wenn er die Metalldrähte der Regalhalter »Climb« zickzackig gestaltet und bis auf kleine verspielte Details alles auf das Nötigste reduziert. Sein italienischer Kollege, der Kultdesigner Alessandro La Spada wählt indes einen ganz anderen Zugang und setzt ganz und gar auf Opulenz. Sein Regal »Leonardo«, entworfen für die Serie »Mythica« von Visionnaire und seit heuer preisgekrönt mit dem beliebten Design-Award von Wallpaper, steht frei an der Wand und überzeugt als dick aufgetragener Material- und Formenmix. Metall trifft auf Holz, Leder auf Stoff, Abrundungen auf lange, gerade Kanten, und alles wird mit sanfter Hintergrundbeleuchtung ins rechte Licht gesetzt. Auch eine Möglichkeit, um aus einem Regal einen Blickfang und Star im Raum zu machen.

Dekonstruktion Verspielte Reduktion trifft auf (nur auf den ersten Blick) Einfachheit. Die -Regal-Serie »Randomissimo« gilt heute als Neo-Klassiker an der Wand. mdfitalia.com

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Schieflage Die Rohrkonstruktion des Regals »Twigs« soll entfernt an Schilf im Wind erinnern.
Auf jeden Fall ist es gelungenes Regaldesign. bonaldo.com

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Gut gemixt Nicht gerade dezent präsentiert sich das Wandregal »Leonardo« und überzeugt mit einem guten Materialmix. Das bleibt in Erinnerung. visionnaire-home.com

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Rankgitter »Climb« heißt das verspielte, reduzierte Wandregal, das sich beliebig erweitern lässt und aus der Ideenschmiede von Bashko Trybek kommt. lachance.paris

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