Sofasurfen in der Couchzone – trendige Polstermöbel
Die neue Devise heißt Sesselrücken. Wenn sich Interior-Designer:innen auf Modulsysteme, geschwungene Formen und farbiges Leder konzentrieren und von Entwürfen aus den 1960er-Jahren inspiriert werden, entstehen Signature-Sitzmöbel voll Geschichten und Komfort.
05 . Oktober 2022 - By Florentina Welley
Die neuen Sofas 2.0 rufen förmlich »bitte sitzen bleiben« ins Wohnzimmer, aber die vielseitigen Couchen sind mehr als nur ein Ort zum Sitzen. Mit sinnlichen Kurven, eckigen Kanten, gemütlichen Polstern und neuen Farben bringen sie eine persönliche Note ins Wohnzimmer. Schlüsselmerkmal der Sofas ist auch ihre Positionierung, meist in der Mitte eines Raums, die Gäste einlädt, herumzugehen und das Sofa von allen Seiten zu betrachten und zu benutzen. In Zeiten der Rückbesinnung auf Natur und Ressourcen haben Möbelhersteller wie Tacchini oder Poltronova wieder Entwürfe aus den 1960er-Jahren ausgegraben und neu aufgelegt, während andere auf nachhaltige Materialien setzen. Die neuen Living-Room-Stars sind übrigens voluminöse, bodentiefe Sofas, wie etwa das quietschgrüne »Bomboca«-Sofa der Campana Brothers für Louis Vuitton, deren futuristischer Entwurf zum echten Signature-Stück wird. Die beinlosen Sitzmöbel wirken wie Ruheoasen.
Zu den wuchtigen Statement-Möbeln werden gerne filigrane Beistelltische kombiniert, denn Gegensätze ziehen sich bekanntlich an. Der Trend zu geschwungenen Sofas setzt sich fort, etwa mit flexiblen Polstern und Eckablage von Jean-Marie Massaud für Poliform, ergänzt durch multidirektionale Couchen. Auch rechteckige Korpusse und strenge Geometrie poppen wieder auf, etwa bei Poltronova. Die Strenge der Kanten und Ecken wird durch Kissen entschärft, die sich als lose Sitzkissen auf Sofas und Sesseln wiederfinden und neben ergonomischen auch optische Aufgaben erfüllen. Lederbezüge feiern ein Comeback und kehren in edlen Naturtönen auf den »Blocksofas« bei Tacchini und Poltronova zurück.
Moderne Module
Baxter setzt heuer hingegen auf hellblaues Veloursleder. »Das gibt dem Sofa ›Miami Soft‹ einen Hauch von sinnlichem Erleben und macht es sogar für alle interessant, die Leder noch nie gemocht haben«, sagt Designerin Paola Navone. »Selbst ich war lange kein Fan von Ledersofas, weil ich Leder daheim immer als etwas zu offiziell empfand und es mich an Züge und Büros erinnerte«, so Pavone. Heute überzeugen die natürlich gefärbten Lederbezüge mit besonders weicher Haptik. Gefragte Sitze im neuen Sofa-Universum sind heute weich, smart und modular. So finden sich bei Minotti und Poliform integrierte Ablagen oder Regale an den Sofaenden.
Ein Design, das dem Wunsch nach Multifunktionalität folgt. Modulare Sitzmöbel gehen eigentlich auf die brasilianische Moderne der 1970er-Jahre zurück, an der sich der Architekt Marcio Kogan von studio mk27 orientierte. Mit dem Sofa »Horizonte« für Minotti schuf er »eine schwimmende Insel mit quadratischen Linien, die den Horizont des Wohnraums markiert«. Die harten Oberflächen der Regale sind ein schöner Kontrast zur weichen Polsterung und haben neben einer visuellen auch eine praktische Funktion.
Radical Design
Designs von Modulserien, die sich auf das Wesentliche besinnen, Nachhaltigkeit mit Qualität und Komfort verbinden, erfüllen zusätzlich eine Aufgabe, auf die sich Möbelhersteller:innen rückbesinnen: nämlich demokratisches Design. Das sollte neben Ästhetik, Funktion und Ergonomie auch soziale Aufgaben erfüllen und richtete sich vorwiegend gegen eine Massenproduktion. »Radical Design« entstand im Italien der 1960er-Jahre rund um Gaetano Pesce, Achille Castiglioni, Superstudio und Archigram. Es galt als Grundlage der Postmoderne, die vor allem durch die ikonische Memphis Group mit Alessandro Mendini, Ettore Sottsass und Matteo Thun bekannt wurde. Heute ist dieser Designansatz aktueller denn je, wird neu interpretiert und findet sich in Re-Editionen der Möbel von damals.