Talk mit Stefanie Hering: Porzellan für die Inszenierung
Spitzenrestaurants und Luxushotels weltweit setzten auf das fein gearbeitete Porzellan von Stefanie Hering. Im Interview verrät die gefragte Berliner Keramik-Designerin, wie ein Teller Essen perfekt in Szene setzt und welche Elemente auf einem Tisch nicht fehlen sollten.
04 . Oktober 2023 - By Sebastian Späth
Header Innovative Gestalterin! Von Porzellan, das die Berlinerin Stefanie Hering entworfen hat, dürfte so gut wie jeder Gourmet schon mal gegessen haben.
LIVING Frau Hering, was macht für Sie einen perfekt gedeckten Tisch aus?
Stefanie Hering Er signalisiert Wertschätzung, Achtsamkeit und Respekt vor Ressourcen. Ein stilvolles Tischarrangement berücksichtigt außerdem den Mehrklang von Porzellan, Glas, Besteck, Dekoration und Tischwäsche und widmet allem dieselbe Aufmerksamkeit. Ich persönlich bin Anhängerin von ausgefallenen Tischobjekten, wie man sie schon im Barock kannte. Die sorgen für Gesprächsstoff. Vor einiger Zeit habe ich mich mit dem Thema befasst: Grundlage dafür waren historische Entwürfe aus den Archiven der Schwarzburger Werkstätten in Thüringen. Ich habe diese Objekte so designt, dass sie als skulpturales Element einen zentralen Platz auf dem Tisch einnehmen und gleichzeitig als Plateaus zum Servieren dienen. Architektur auf dem Tisch zu schaffen, ist ein weiter Tipp von mir: Teller, Schalen, Kannen, Platten mit unterschiedlichen Größen, Höhen, Formen, Oberflächen und Farben machen die Präsentation der Speisen spannend.
Für viele Menschen ist ein gutes Geschirrset etwas so Wertvolles, dass sie sich nur einmal im Leben eines anschaffen. Sie machen sich intensiv Gedanken über dessen Kauf und bunkern es danach die meiste Zeit im Schrank.
Wir haben die Erfahrung gemacht, dass ein Mensch im Schnitt neun Monate braucht, bis er für sich ein passendes Geschirr findet. Ein Autokauf läuft schneller ab. Die Menschen, die Geschirr von Hering Berlin kaufen, haben aber keine Angst davor, es auch zu benutzen. Oftmals haben sie es zuvor schon in Restaurants im Einsatz erlebt. Meine Kollektionen sind – darauf bin ich stolz – auf allen Kontinenten in der Topgastronomie und Hotellerie vertreten. Das ist das größte Kompliment für mich als Designerin.
Sie arbeiten vorzugsweise mit Biskuitporzellan. Das ist nicht gerade konventionell, oder?
Biskuit ist Porzellan in seiner ursprünglichsten Form – unglasiert, samtig, matt. Es fühlt sich an wie geschliffener Marmor. Bevor ich vor 30 Jahren damit begann, wurde Biskuitporzellan von Manufakturen nur im dekorativen Bereich verwendet. Biskuitporzellan zu produzieren, erfordert einen sehr sauberen Ablauf in der Produktion und weitaus mehr Arbeitsschritte als klassisch vollglasiertes Porzellan. Zusammen mit der Porzellanmanufaktur Reichenbach, die all meine Entwürfe produziert, ist es uns jedoch gelungen, die Herstellung des Biskuitporzellans weiterzuentwickeln, um dieses im täglichen Einsatz auf die Tische der Welt zu bringen. Das Material hat einen klaren Vorteil: Saucen, Dressings und andere Flüssigkeiten können nicht eindringen. Harald Wohlfahrt wollte mal, dass ich meine Teller zum Beweis in Rotwein einlege. Ich sollte recht behalten. Das Porzellan blieb auch dabei strahlend weiß.