Urban Living: »Man rauft sich mit der Zeit zusammen«
In St. Marx wächst gerade der Helio Tower in die Höhe. Doch wie geht so ein komplexes Projekt über die Bühne? Wir haben den Bauherrn und seinen Architekten über die Zusammenarbeit befragt. Ein Gespräch mit Andreas Holler von der BUWOG und Stephan Ferenczy von BEHF Architects.
26 . April 2021 - By Wojciech Czaja
LIVING: Was war zuerst da, die Henne oder das Ei? Oder anders ausgedrückt: Wer hatte die Idee, der Architekt oder der Bauträger?
Stephan Ferenczy: Oft kommt die Initiative für ein Projekt vom Bauträger, in diesem Fall aber kam die Idee in der Tat von uns. Wir waren Teil einer kooperativen Planungsgruppe, die das städtebauliche Konzept für »The Marks« gemacht hat. Ein tolles, aber sehr komplexes Areal zwischen St. Marx, Gasometer und Simmeringer Hauptstraße, auf dem drei Türme von drei verschiedenen Architekten mit insgesamt vier Bauträgern errichtet werden.
Andreas Holler: Wir sind ins Spiel gekommen, als die wichtigsten städtebaulichen Parameter schon feststanden. An der Lage des Turms, an der Höhe und an seiner konkreten Form beziehungsweise Kubatur gab es zu diesem Zeitpunkt nichts mehr zu rütteln. Aber ich würde sagen, dass wir das architektonische Konzept auf wirtschaftliche Kriterien hin überprüft und gemeinsam mit BEHF nachgeschärft und optimiert haben.
Wie genau darf man sich das Optimieren vorstellen?
Holler: Wir haben uns die Fassade, die Grundrisse und die Wirtschaftlichkeit des Turms angeschaut – und haben die Grundrisse entsprechend nachgeschärft und unseren BUWOG-Planungsrichtlinien beziehungsweise unseren Markterfahrungen angepasst.
Das heißt?
Holler: In erster Linie geht es um die Wohnungsgrößen, um das Verhältnis von Miete und Eigentum sowie um den idealen Wohnungsmix zwischen Ein-, Zwei-, Drei- und Vier-Zimmer-Wohnungen.
Herr Ferenczy, wie geht es Ihnen damit, wenn Sie hören, dass der Bauträger Ihr Konzept nachschärfen und optimieren musste?
Ferenczy: Sehr gut! Man muss verstehen, dass das städtebauliche Konzept vor allem die urbane Lage, die Einfügung ins Areal und die Zusammenführung der drei Türme umfasst hat. Vor zehn Jahren konnte sich niemand vorstellen, dass hier – in unmittelbarer Nähe der Gasometer, der Schlachthöfe St. Marx und der Autobahn-Abfahrt der A23 – eines Tages Wohnen stattfinden könnte. Ich denke, uns ist ein schlichtes, logisches, überzeugendes Konzept gelungen. Einer der wichtigsten Grundpfeiler in der Ausformung der Bau-körper war der sogenannte Zwei-Stunden-Schatten: Keine Wohnung wird durch eines der benachbarten Häuser länger als maximal zwei Stunden pro Tag verschattet. Das ist ein großes Asset! Dass wir im Inneren der Türme die Wohnungen aber auf die Wünsche und Bedürfnisse unseres konkreten Partners und Auftraggebers adaptieren müssen, ist eine Selbstverständlichkeit.
Holler: Ich sehe unsere Optimierungs-maßnahmen einerseits als Einbringen un-serer eigenen BUWOG-Handschrift, denn natürlich ist das am Ende nicht nur ein BEHF-Projekt, sondern eben auch ein BUWOG--Projekt. Vor allem aber bin ich davon überzeugt, dass wir als Bauträger so viel Kompetenz einbringen können wie Stephan Ferenczy als Architekt.
Ferenczy: Das hast du super formuliert! -Das kann ich voll und ganz unterschreiben. Jemand, der ein Gebäude erwirbt, das zuvor von Architekten, Baupolizisten, Statikern, Haustechnikern und nicht zuletzt von den Jury-Mitgliedern gestaltet und beschlossen wurde, hat absolut das Recht, zum gegebenen Zeitpunkt seine eigenen Vorstellungen ein-zubringen.