© beigestellt

Urbanes Wohnen oder Landidylle: Stadt, Land, Flucht

Dem Wohnen am Land wurde nach Corona die große Zukunft prophezeit. Nicht zu Unrecht, doch die Realität seitdem zeigt ein diverseres Bild. Denn neben dem Traum vom Grün und vom Blau ist vor allem die Preisentwicklung ein Faktor bei der Entscheidung.

19 . Oktober 2023 - By Maik Novotny

Pracht-Panorama Als »Ausnahme-Liegenschaft am Tiroler Immobilienmarkt« bewirbt Engel & Völkers diese unübersehbare 500-Quadratmeter-Villa in Schwaz mit Weitblick ins Tal. Kostenpunkt: 4,2 Millionen Euro.

Vor drei Jahren war alles sonnenklar. Corona sorgte für eine veritable Flut an Prognosen, was sich nun alles ändern würde. Ganz weit vorne im pandemischen Trendbarometer: Das Homeoffice und die Flucht von der Lockdown-Stadt ins freie Land. Das war auch nicht ganz falsch. 2020 zogen laut Statistik Austria mehr Menschen aus Österreichs Städten hinaus als in sie hinein, in Wien kehrte sich die Binnenwanderung von 2016 bis 2020 um, auch wenn die Stadt dank der Zuwanderung aus dem Ausland weiter wächst. Bislang schrumpfende Regionen wie das Waldviertel wurden plötzlich attraktiv, die Wiener Bobos pirschten sich auf Immolbiliensuche ins Kamptal und nach Drosendorf vor, Waidhofen an der Thaya und Horn wuchsen wieder, ebenso wie das Mühlviertel, das Salzkammergut, das niederösterreichische Alpenvorland und die Südoststeiermark.

 

Ahoi, Salzkammergut Auf den Flächen des Gmundner Seebahnhofs und des ehemaligen Parkhotels Mucha entwickelt SORAVIA bis 2026 eine See-Residenz in Holz-Hybrid-Bauweise, gekühlt und geheizt via Seewasser und Photovoltaik.

© project A01 architects

Stadt und Land Fernblick über Oberösterreich verspricht buchstäblich das Raiffeisen-Projekt PANO in Kirchschlag – mit 52 Wohnungen (davon vier Penthouses) und eigenem autofreien Dorfplatz.

 

© Albrecht Immanuel Schnabel

WACHSTUM IM SPECKGÜRTEL

Ein Trend, der also älter ist als die Pandemie, und der weiterhin gilt, der aber nicht die ganze Wahrheit abbildet. Denn die mit Abstand attraktivste Destination für Städter:innen ist nicht die Waldlichtung und nicht das Weingut, sondern das Umland der Städte, sprich: der Speckgürtel. Vor allem um Wien, Graz und Linz verzeichnen die Gemeinden starke Zuwächse. »Es sind die Eltern mit Kindern, die in Wien arbeiten und sich ein Leben am Land wünschen«, sagt Theresa Rojko, Expertin für Miet- und Eigentumswohnungen bei OTTO Immobilien. »Die Traumlage ist nicht Trofaiach oder Zwettl, sondern Mödling, Klosterneuburg, Tulln, Baden oder Korneuburg.« Dasselbe passiert zeitgleich in den Nachbarländern. Laut dem deutschen ifo-Institut zogen seit Beginn der Pandemie 14 Prozent der teil- oder vollzeitbeschäftigten Großstadtbewohner:innen hinaus, aber an Orte, von denen aus man bei Bedarf schnell wieder zurück in der Großstadt ist. Laut einer Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) erreichte die Suburbanisierung, also die Abwanderung ins städtische Umland, in den 2020ern ihr höchstes Niveau seit 30 Jahren. In der Schweiz zeigte 2022 die im Auftrag des Bundesamts für Wohnungswesen (BWO) erstellte Publikation »Wohnpräferenzen im Zuge der Corona-Pandemie«, dass die Auswirkungen der Krise weniger stark waren als angenommen und vor allem Einzelpersonen, Paare, Haushalte mit Wohneigentum sowie Führungskräfte tatsächlich in weniger besiedelte Regionen abwanderten. 

 

Gute Stube Auch beim Wohnen auf Zeit punktet das Land weiterhin, Stichwort: Workation. Ganz reduziert, ruhig und edel wie die Apartments und das Penthouse der ATTO Suites in Innichen, Südtirol.

© Hubert Marz

Holz mit Schwung Die renommierten Architekten Dietrich Untertrifaller gelang beim Wohnquartier Erlen-straße in Lochau das Kunststück, alle Wohnungen mindestens zweiseitig zu belichten und gleichzeitig ausgedehnte Grünflächen freizulassen.

 

© beigestellt

TEUERUNG UND BREMSE

Der Grund dafür liegt nicht in den akuten Krisen, sondern in der Preisentwicklung: Der Wohnraum in den Städten wird rapide teurer, und die Immobilienangebote in der echten Landidylle noch mehr. Ob Chalets in Seefeld und Kitzbühel oder begehrte Lagen an den Seeufern: die Preissteigerungen schienen ins Astronomische zu weisen. Zwischen dem ersten Quartal 2005 und dem ersten Quartal 2023 haben sich die Immobilienpreise in Österreich um 163 Prozent erhöht. Nachvollziehbar also, dass für jene, die zumindest ein Stück privates Grün ersehnen, der Speckgürtel als goldene, weil leistbare Mitte zwischen den beiden Teuerungs-Extremen gilt. Zumindest bis jetzt, denn die Immobilienpreise bewegen sich vom Astronomischen langsam wieder erdwärts. Nach acht Quartalen mit Zuwächsen von über 10 % weisen die von der OeNB und DSS GmbH/TU Wien erhobenen Daten für das erste Quartal 2023 nur mehr einen Anstieg der Wohnimmobilienpreise in Österreich von 1,1 Prozent im Vorjahresvergleich aus. Laut RE/MAX Real Estate Future Index werden 2023 Wohnungen in zentralen Lagen 5,4 Prozent an Wert verlieren, Eigentumswohnungen in Landgemeinden sogar 7,2 Prozent. Hier gilt es jedoch, nach Regionen zu differenzieren: In Niederösterreich verzeichnen Gegenden wie Wiener Neustadt Land, die bislang unter dem Radar liefen, starke Zuwächse, ebenso in manchen Kärntner Regionen, während sich das schon sehr hohe Preisniveau in Salzburg und an den Seen deutlich abbremst. Zeit also, das Barometer zu justieren und entweder unterschätzte Land-Juwelen zwischen Wald und Wiese zu entdecken, oder sich das Waterfront-Schnäppchen mit unverbaubarem Blick zu sichern.

Wolke über Blau Nahezu bezugsfertig sind die 20 Wohnungen in den drei Villen des Luxusprojekts Cloud P am Faaker See, das ATV Immobilien mit Peter Pichler Architecture entwickelten. Badestrand inklusive.

© beigestellt

ERSCHIENEN IN

LIVING Nr. 06/2023
Zum Magazin

Für den LIVING Newsletter anmelden

* Mit Stern gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.
Anrede

Genuss – das ist zentrales Thema der Falstaff-Magazine. Nun stellen wir das perfekte Surrounding dafür in den Mittelpunkt. Das Ambiente beeinflusst unsere Sinneseindrücke – darum präsentiert Falstaff LIVING Wohnkultur und Immobilien für Genießer!

JETZT NEU LIVING 23/07