© Frederico Villa

Lighting-Design ist ein zentrales Element in jedem Wohnbereich. Bestenfalls soll es natürlich sein, dank großzügiger Fensterflächen in Szene gesetzt. Mittlerweile gibt es auch moderne Systeme, die gewünschte Lichttöne realisieren. Ob künstliche Lichtquellen aber für ein Wohlfühlerlebnis in Gebäuden sorgen können? LIVING hat mit Experten gesprochen und die neuesten Trends für die Zukunft in Erfahrung gebracht.

29 . September 2022 - By Moritz Weinstock

Heute mehr denn je versuchen Her­steller:innen und Designer:innen, möglichst warme Lichttöne zu ­schaffen, wie man sie aus der Natur, aber auch von klassischen Glühbirnen her kennt. Dabei stellt man sich als Konsument:in oft die Frage: Können moderne LEDs das schaffen, was wir von der guten alten Glüh­birne ­gewohnt sind? Matthias Maringer von ­Lichtprojekt Aigner & Wöber GmbH meint, ja. Denn wo frühe Versionen von LED-Birnen beim Herabdimmen die Lichtfarbe gehalten haben, also nicht wärmer wurden und damit auch für kein gemütlicheres Ambiente sorgten, lassen sich die neuesten Versionen durch ­intelligente Systeme für jeden Tageszeitpunkt optimal einstellen. Die Idee dahinter ist so simpel wie einleuchtend: »Das Licht verändert sich in der Natur je nach Tageszeit. So wirkt es wärmer beim Sonnenaufgang bzw. -untergang und kühler um die Mittagszeit«, erklärt Maringer.

Hintergründig Der Schweizer Möbelbauer USM Haller hat seinem Möbelsystem fast unsichtbare Leuchtstangen spendiert. usm.com

© USM Haller

Und genau diesen Effekt gilt es möglichst gut nachzu­ahmen, weil Licht weitaus mehr ist als eine reine Sehhilfe! Beleuchtungssysteme gehören bei der Einrichtung zu den wichtigsten Faktoren, damit ein Wohnhaus den gewünschten Gemütlichkeitseffekt erzielt. Dabei macht es einen ganz erheblichen Unterschied, ob man selbst Hand anlegt oder Profis zu Rate zieht. »Man muss bei der Lichtplanung auf die ­Architektur eingehen, um diese in Szene zu setzen und die richtigen ›Flecken‹ zu betonen. Man erschafft ein Spiel aus Licht und Schatten, um eine gemütliche Atmosphäre und ­Stimmung zu erzeugen«, so der Experte.

»Durch LEDs hat man die Chance bekommen, Leuchten in ganz neuen Formen zu bauen. So gibt es nun Ringleuchten, LED-Linien, flexible Rohrleuchten etc.« – Matthias Maringer, Geschäftsführer Lichtprojekt Aigner & Wöber GmbH

© www.martinaigner.at

Licht in Formvollendung

Die Planung ist die eine Sache, die Umsetzung ein weiterer Baustein. Besonders spannend wird es jedoch mit Blick auf den technologischen Fortschritt, der heute vieles möglich macht, was bis vor ein paar Jahren noch als undenkbar galt. So erlaubt es der Einsatz minimalistischer LED-Leuchtkörper den Designer:innen heute, völlig neue Formen und Konzepte in die Tat umzusetzen. Licht bedeutet laut Maringer längst nicht mehr Glühbirne und Lampenschirm: »Nicht nur die LEDs werden weiterentwickelt, sondern auch alle anderen Bauteile wie zum Beispiel die Vorschaltgeräte, wodurch die Formen der Leuchten immer komplexer werden. Im Hinblick auf das Design sind dadurch kaum noch Grenzen gesetzt.«

Leuchtschirm Marcel Wanders beweist mit dem »Skynest«, dass Lampe und Schirm dank LEDs auch eins sein können. flos.com

© Marcel Wanders

Davon schwärmen auch Michael Vasku und Andreas Klug. Die beiden Lichtdesigner sind seit 2016 mit ihrem Studio Vasku & Klug das kreative Mastermind des tschechischen Lampenherstellers Preciosa Lighting und darüber hinaus in den vergangenen Jahren mit unzähligen Preisen für ihre Lichtprojekte ausgezeichnet worden – darunter der iF Design Award und der Deutsche Design Preis. »Neben dem hohen Wirkungsgrad der LED-Technologie ist die Kleinteiligkeit und Flexibilität der Leuchtmittel ein nicht zu bestreitender Vorteil bei der Gestaltung. So entwickeln wir auch eigene LED-Chips, die wir für unsere dynamisch kontrollierten Lichtinstallationen optimieren.«

»Auch im privaten Umfeld bietet die Steuerung von Lichtsystemen via App und Smartphone Vorteile, wie das Feinjustieren von Lichtstimmungen ohne aufwendige neue Verkabelung.« – Andreas Klug, Kreativdirektor von Preciosa Lighting

© David Markovic

Doch der Schein neuester Technik trügt auch, bemerkt Andreas Klug: »Abgesehen von der großartigen und manchmal auch weniger großartigen künstlerischen Freiheit, die durch LED geschaffen wurde, hat diese Technologie aber auch ihre ›Schattenseiten‹: Lichtverschmutzung, Farbwiedergabe und ihr Einfluss auf den ­circadianen Rhythmus sind hier Schlagworte.« Letzterer spielt bei Tieren und Menschen eine erhebliche Rolle, steuert er doch das Ver­halten über 24 Stunden, ­beispielsweise auch den Schlaf-Wach-Rhythmus.

Schöne Verbindung Das Ringen um das richtige Licht hat ein Ende, dabei tun die »Arrangements« vor allem eines: ungewöhnlich gut aussehen! flos.com

© Foto beigestellt

Smarter als der Schalter

Gerade in Bezug auf die richtige Lichtstimmung raten die Designer deshalb manchmal auch zu nichttechnischen Lösungen wie etwa Kerzen, wenn es in der Bade-wanne gemütlich sein soll. Trotzdem lässt sich nicht darüber hinwegargumentieren, dass künstliches Licht einiges kann, wovon auch Klug überzeugt ist: »Es ist ein großartiges Mittel, um Wohlbefinden und Aufmerksamkeit auf unterschwellige Weise sowohl bei Tag als auch bei Nacht zu beeinflussen. Die Möglichkeiten reichen dabei von Zonieren über das Akzentuieren von Materialien, das Dramatisieren von Oberflächen bis hin zur veränderten Raumwahrnehmung oder dem einfachen Verdrängen des Schattens aus dunklen Ecken und Kanten.«

Versteckspiel Moderne Beleuchtungslösungen sind nur da, wenn man sie braucht. Ansonsten sind sie nahezu unsichtbar. lichtprojekt.at

© www.martinaigner.at

Dabei ist es besonders wichtig, sich der Aufgabe und Funktion der Räume, die ­beleuchtet werden sollen, bewusst zu sein. Denn »bei Tageslicht wird beispielsweise die Decke eines Restaurants mit neutraler ­Lichttemperatur in Szene gesetzt, während sich die Lichttemperatur aller Leuchtmittel in den Abendstunden ins warme Spektrum verschiebt, die Intensität reduziert wird und die Nutzung sich zu der einer Bar verändert«, erklärt Klug. Für genau solche Funktionen bedarf es ausgeklügelter Beleuchtungssysteme, die mit intelligenten Apps verknüpft und automatisiert werden. Der klassische Lichtschalter fällt dadurch zwar nicht ganz weg, aber er spielt bei der Atmosphärengestaltung nur noch eine untergeordnete Rolle.

Reinlich Die »Integralis« passt sich  dem Rhythmus der Menschen an – und desinfiziert sogar die Umgebung mit ihrem Licht. artemide.com

© Frederico Villa

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LIVING Nr. 06/2022
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