© Coop Himmelb(l)au

Wolf dPrix ist ständig in Bewegung, provoziert und bevorzugt das Spektakuläre bei seinem Schaffen. Das LIVING-Interview über die Verantwortung als Architekt, Ressourcen und Bauen für die Zukunft.

15 . Juni 2023 - By Elisabeth Klokar

Der Turbokapitalismus, auch zu meinen Studienzeiten bereits vorherrschend, ist der Grund für viele hässliche Bauten«, meint Wolf dPrix, Design Principal und CEO des Architekturbüros Coop Himmelb(l)au. Andreas Rumpfhuber, Architekt und Architekturtheoretiker, erklärt, warum: »Die Architektur im Allgemeinen ist wohl in einer Krise, nachdem die ›Repräsentation‹ in einer zeitgenössischen Ästhetik eine andere Rolle spielt, die Architektur sich aber immer darauf gestützt hat.« Bauten von Himmelb(l)au stehen für die Emphase des Symbolischen. »Landmarks gehören in dem Muster der anonymen Städte dazu. Solitärbauten sind ungeheuer wichtig, sie prägen Orte«, bekräftigt dPrix. Entstanden als Baukooperative Himmelb(l)au im Jahr 1968, kreierten die Gründer, darunter auch Rainer Michael Holzer und Helmut Swiczinsky, zunächst Konzepte, im weitesten Sinn mit künstlerischen Ansätzen. Man ging den Weg vom Experiment zum Bauen. Ihre ersten Projekte realisierte die Gruppe in Wien, den endgültigen Durchbruch schaffte Coop Himmelb(l)au, mit ihrem Dachausbau für eine Rechtsanwaltsfirma in der Falkestraße im ersten Wiener Bezirk. Die Architektengruppe löste sich auf, es folgten gewonnene Wettbewerbe, Biennale-Ausstellungen, Büro-Dependancen und Großprojekte, etwa das Musée des ­Confluences Lyon. 2021 wurden die beiden Türme »BelView« in Wien und »Nefertiti« in Changsha, China, fertiggestellt. Und seit 2021 arbeitet man am »Oasis Science Center«, einem energieautarken Pilotprojekt in Matera, Italien, eingebettet in einen aufge­lassenen Steinbruch.

LIVING Bauen Sie für die Zukunft? 

Wolf dPrix Nachdem unsere Entwürfe immer zwanzig Jahre vorausgedacht sind, kann ich dies nur bestätigen. Wir befinden uns jetzt in einer Zeit mit vielen neuen Möglichkeiten: Die alten Strukturen sind noch nicht überwunden, die neuen noch nicht geboren. Daher muss alles probiert werden. Wenn man es positiv sieht, ist es hochspannend. 

Muss Architektur Probleme bearbeiten und lösen?

Die Architekten sind auf keinen Fall nur Problemlöser. Klar ist, dass Architektur eher verhindern kann als fördern. Fördern kann sie nur die Identität eines Ortes. Verhindern kann sie viel. 

Energie und erneuerbare Ressourcen sind ein großes Thema. Was empfehlen Sie? 

Stadterweiterung sollte nur dort betrieben werden, wo Energiefelder, die man nutzen kann, bereits vorhanden sind: bestmögliche Qualität an Licht, Sonne, Luft, Wind. Hier sollte man anfangen zu bauen, nicht wo gerade ein freies Grundstück zu verkaufen ist.

Gesellschaft – Architekt:in – Gebäude. Wie -komplex ist das Zusammenspiel?

Das Eisbergmodell beschreibt es gut. Man sieht nur die Spitze, in diesem Fall ist es das Gebäude, aber der unsichtbare Teil ist der entscheidende. Politik, gesellschaftliche Zwänge, Kosten, Regeln und Normen, sie alle beeinflussen das sichtbare Ergebnis. Es wird kaum diskutiert, doch die Kritik an der Architektur ist auf die unsichtbaren Aspekte zurückzuführen. Und die kann der Architekt am wenigsten beeinflussen.

Was meinen Sie konkret?

Der Irrglaube ist auch, dass die Architektur zu teuer ist. Vielmehr sind es aber die Methoden. Denn wenn man clever ist, könnte man mit neuen Technologien größer und sogar billiger bauen.

Sonnendeck »Oasis of Matera« umfasst drei Baukörper, die in die Landschaft eingebettet als Brückenelement zwischen Nationalpark und Stadt fungieren. Im Herzen des Projekts befindet sich ein autarkes Energiesystem aus 6.452 Quadratmeter Sonnenkollektoren.

© Coop Himmelb(l)au

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