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Kaum jemand erzählt so gerne Geschichten wie die Ir:innen. Auch Kunst-Geschichten? Natürlich! Ein Wochenende in Dublin wird so zu einem Spazier- gang durch alle Spielarten des Zeitgenössischen, eingerahmt von der bewegten irischen Geschichte.

16 . Oktober 2022 - By Maik Novotny

Daran, dass die Ir:innen ein kunstsinni-ges Volk sind, dürfte kein Zweifel bestehen. Die meisten dürften dabei aber vor allem Literatur und Musik im Sinn haben. Immerhin vier Literaturnobelpreisträger stammen von der Grünen Insel, und man muss kein Fan von U2 sein, um den irischen Beitrag zur Popkultur zu schätzen. Aber bildende Kunst aus Irland? Da kommt man ins Grübeln. Das mag daran liegen, dass Figuren wie Francis Bacon oder die Designerin Eileen Gray, die erzkatholische Insel früh verlassen haben und jenseits ihrer Küste berühmt wurden. Doch im 21. Jahrhundert sieht das anders aus. Der Brexit im Vereinigten Königreich lässt die Fließrichtung des Brain-Drain über die Irische See umdrehen. Die Weltoffenheit der Ir:innen tut ihr Übriges. Wer heute in Dublin auf Spurensuche der zeitgenössischen Kunst geht, wird sein grünes Wunder erleben. Die im Zuge des Wirtschaftsbooms revitalisierten Ausgehviertel wie Temple Bar sind veritable Galerienviertel geworden. Zwar hat die vor genau 100 Jahren unabhängig gewordene Staat nicht die großen Museen wie die imperialen Hauptstädte, aber dafür viel freche Eigeninitiative. Und kuratorisch ist es sicher kein Nachteil, dass die geselligen Ir:innen es verstehen, Geschichten zu erzählen. Ob mit der Gitarre, dem Stift oder dem Pinsel.

FREITAG

Ein Spaziergang durch die Gassen um das Trinity College, wo Nachtleben und Wissenschaft einen Nährboden für die Kunst bilden.

Wer James Joyces Romanmonument »Ulysses« gelesen hat, das einen Tag in Dublin beschreibt, weiß, dass die Stadt sich perfekt für ausgedehnte Spaziergänge eignet. Das gilt auch heute noch. Wir starten in den Gassen südlich des Liffey, in denen sich am Wochenende das Pub- und Partyvolk drängt. Ein Pionier der Revitalisierung des Quartiers Temple Bar, die in den 1980er-Jahren begann, ist die gleichnamige, 1983 eröffnete Galerie. Bis heute ist die Temple Bar Gallery ihrem Credo »von Künstlern für Künstler« treu geblieben. Die fünf Ausstellun- gen pro Jahr fördern und präsentieren irische Talente auf der Bühne der Welt, und mit der Dublin Art Book Fair betreibt man auch die einzige Kunstbuchmesse des Landes.

KUNST UND WISSENSCHAFT

Noch etwas älter ist die Douglas Hyde Gallery of Contemporary Art, die 1978 aus einer  Kooperation des staatlichen Arts Council und des ehrwürdigen Trinity College als erste öffentlich finanzierte Galerie für zeitgenössi- sche Kunst in Irland entstand. Bis heute lebt und profitiert die Galerie von der umfassen- den Forschung und globalen Vernetzung der Universität, die die Kunst anregt und heraus- fordert und als Jungbrunnen für die Szene fungiert. Ein weiterer Fixpunkt der Szene findet sich gleich hinter dem Park des Trinity College: die kleine Molesworth Gallery, die auf zwei Etagen eines alten Stadthauses aus dem 18. Jahrhundert ein dichtes Ausstellungsprogramm produziert. Die Galerie hat um die 20 junge Künstler:innen unter ihren Fittichen, die stetig wachsende Sammlung der seit 1999 bestehenden Galerie wird in zahlreichen Publikationen dokumentiert.

SAMSTAG

Kunstgeschichte trifft Stadtgeschichte: drei Museen für zeitgenössische und angewandte Kunst, die in prachtvollen historischen Gemäuern zu Hause sind.

Zwei besondere Figuren haben sich in die Räume des Charlemont House am Parnell Square eingeschrieben. Da ist zum einen der Kunstsammler Sir Hugh Lane, nach dem die hier ansässige Galerie benannt ist. Dieser zeigte 1904 in London die erste Ausstellung irischer Kunst und vermachte vier Jahre später seine Sammlung der Stadt Dublin, der die Galerie bis heute gehört. 1998 erwarb man das Atelier und das Archiv des Malers Francis Bacon und rekonstruierte es in der Galerie – mit archäologischer Präzision portiert, sogar der Staub. So kann man heute in die wilde Welt des notorisch chaotischen Giganten des 20. Jahrhunderts eintauchen.

KASERNE UND SPITAL

Auch der irische Staat hat sein großes Museum. Das Nationalmuseum (in ganzer gälischer Pracht: Ard-Mhúsaem na hÉireann – Na hEalaíona Maisiúla agus Stair) verteilt sich auf vier Standorte, darunter neben Archäologie, Naturgeschichte und einem Ableger auf dem Land das Museum of Arts & Decorative History. Dieses residiert in den ehemaligen Collins Barracks, einer Kaserne aus dem 18. Jahrhundert, deren Umfeld in den 1990er-Jahren zu einem neuen Museumsquartier entwickelt wurde. Hier wird die konfliktreiche irische Geschichte über Objekte wie Kleidung erzählt, eine Dauerausstellung widmet sich der ikonischen Designerin und Architektin Eileen Gray. Das Irish Museum of Modern Art (IMMA) wiederum hat sich seit 1991 im prachtvollen Royal Hospital Kilmainham aus dem 17. Jahrhundert ausgebreitet und baut hier seine nationale Sammlung moderner und zeitgenössische Kunst, die derzeit rund 3.500 Werke umfasst, kontinuierlich aus.

SONNTAG

Zurück in den Gassen südlich des River Liffey, spüren wir dem Kunst-Boom der 1990er-Jahre nach und lassen uns die älteste Kunst-Geschichte Irlands erzählen.

Sie dachten, wir hätten die Galerien im Stadtzentrum schon abgehandelt? Weit gefehlt, denn unser Spaziergang geht auch am Sonntag weiter. Und es dürfte nicht überraschen, dass auch hier die Galerien ebenso sehenswert sind wie die Häuser an ihrer Adresse. Die 1998 gegründete Kerlin Gallery, einer von Irlands führenden Orten für zeitgenössische Kunst, wurde vom britischen Minimalisten John Pawson entworfen und hat schon mehrere Künstler:innen ausgestellt, die für den prestigeträchtigen Turner Prize nominiert waren. 

GESCHICHTE UND GESCHICHTEN

Ein bienenkorbhaft summender Art-Space findet sich im historischen Quartier The Coombe in der südlichen Innenstadt. Hier ist Pallas Projects zu Hause, wie viele andere Galerien in der Aufbruchstimmung der 1990er-Jahre gegründet und nach langer Wanderschaft durch acht temporäre Orte jetzt mit permanentem Zuhause. Die Non-Profit-Organisation bietet Studioräume für Künstler:innen, das Programm umfasst Diskussionen, Publikationen, Performances und natürlich auch klassische Ausstellungsformate. Zum Abschluss unseres Walks tauchen wir nochmals tief in die Geschichte ein. Die Royal Hibernian Academy ist die älteste von Künst- ler:innen geführte Institution Irlands, sie feiert kommendes Jahr ihr 200-jähriges Bestehen, und ihre auf einem Open Call basierende Jahresausstellung findet ununterbrochen seit 1826 statt. Hier ist jedoch ausnahmsweise die Institution älter als das Gebäude, dieses stammt aus den 1970ern und umfasst sechs Galerien, die paralle- le Ausstellungen ermöglichen. Nachdem wir alle absolviert haben, dürfen wir uns am Ende des Spaziergangs ein Guinness gönnen.

HOTELS

The westin Dublin*****
Das »The Westin Dublin« bietet einen idyllischen Zufluchtsort mitten im Stadtzentrum mit einzigartigem Blick auf das Trinity College Dublin und das Dublin City Centre. Auch für Genießer:innen wird hier einiges geboten, denn gleich drei Restaurants erwarten die Gäste: das »Morelands Grill«, die »Atrium Lounge« und die »Mint Bar«.
At College Green, Westmoreland Street, D02 HR67 Dublin
T: +353 1 6451000, marriott.com

The Westbury*****
Das »The Westbury« wurde 2020 bei einem Publikumspreis zum Nummer-eins-Hotel in Irland gewählt. Grund dafür waren höchstwahrscheinlich die luxuriösen Zimmer und Suiten sowie zahlreiche kulinarische Genüsse.
Balfe Street, D02 CH66 Dublin
T: +353 1 6791122, doylecollection.com

The Merrion Hotel*****
Die 142 Zimmer und Suiten des Hotels sind ebenso einladend wie stilvoll. »The Merrion Hotel«, eine geglückte Restaurierung von vier georgianischen Stadthäusern, verbindet exquisiten Komfort, entspannte Eleganz und fortschrittliche Einrichtung.
Merrion Street Upper, D02 KF79 Dublin
T: +353 1 6030600, merrionhotel.com

The Marker Hotel*****
An der Uferpromenade des Grand Canal Square gelegen, bietet das »The Marker Hotel« nicht nur eine tolle Lage, sondern auch noch allen Komfort und Luxus, den man sich als Gast wünschen kann. Ein besonderes Highlight ist das »Cocoon-Spa« (inklusive Infinity-Pool), welches bereits zahlreiche Auszeichnungen für die angebotenen Behandlungen erhalten hat.
Grand Canal Square, Docklands, D02 CK38 Dublin
T: +353 1 6875100, anantara.com

Pembrooke Hall*****
»Pembroke Hall« ist ein wunderschönes vierstöckiges und denkmalgeschütztes georgianisches Stadthaus, welches umfangreich und sorgfältig restauriert wurde. Nun trifft moderner Komfort auf das luxuriöse Flair vergangener Zeiten.
Pembroke Road 76, Ballsbridge,
DO4 PY89 Dublin
T: +353 1 6689993, pembroke-hall.ie

Iveagh Garden Hotel****
Wenn Luxus und Nachhaltigkeit kombiniert werden, kann nur Gutes entstehen. Bestes Beispiel: das »Iveagh Garden Hotel«. Es hat den niedrigsten CO2-Fußabdruck aller irischen Hotels und ist Europas erstes vollständig nachhaltiges Hotel. Eine urbane Oase, die traditionellen Luxus modern interpretiert.
Harcourt Street 72–74, Saint Kevin’s,
D02 P902 Dublin
T: +353 1 568 5500, iveaghgardenhotel.ie

Clontarf Castle Hotel****
Wie der Name schon verrät, befindet sich das »Clontarf Castle Hotel« in einem Schloss aus dem elften Jahrhundert. Beeindruckende Architektur trifft auf Einrichtungen aus dem 21. Jahrhundert.
Castle Avenue, Clontarf East, D03 W5NO Dublin
T: +353 1 8332321, clontarfcastle.ie

The Shelbourne, Autograph Collection*****
Seit fast 200 Jahren steht das »The Shelbourne« im Zentrum der irischen Hauptstadt, mit Blick
auf den wunderschönen Park St. Stephen’s Green. Hier gibt es alles, was das Herz begehrt, vom Luxusspa über einen Schönheitssalon bis hin zum hauseigenen Floristen.
St Stephen’s Green 27, D02 K224 Dublin
T: +353 1 6634500, theshelbourne.com

Conrad Dublin*****
Mit Blick auf die National Concert Hall und St. Stephen’s Green in Gehweite, ist das »Conrad« perfekt gelegen. Auch kulinarisch gibt es eine -große Auswahl: von der »The Coburg«-Brasserie bis hin zur »Lemuel’s«-Bar.-
Earlsfort Terrace 2, Saint Kevin’s,
D02 V562 Dublin
T: +353 1 6028900, hilton.com

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